KG Berlin verhandelt über BVVG-Klausel zur Abführung von Einnahmen aufgrund der Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen für Windenergie, 16.11.2016- 28 U 7/15

Das Kammergericht Berlin verhandelt am 16. November 2016 über die gegen ein Urteil des Landgerichts Berlin vom 24. Februar 2015, Aktenzeichen 19 O 207/14, gerichtete Berufung der BVVG (Kammergericht Berlin – 28 U 7/15). Der Termin wurde kurzfristig vom 5. Oktober 2016 auf den 16. November 2016 verschoben. Die Richter des 28. Zivilsenats des Kammergerichts werden darüber zu entscheiden haben, ob das Urteil des Landgerichts Berlin aufrecht zu erhalten ist. Dem Fall liegt die Klage eines Landwirts zugrunde, der vormals im Volkseigentum stehende Flächen nach dem Ausgleichsleistungsgesetz (AusglLeistG) und der Flächenerwerbsverordnung (FlErwV) von der BVVG erworben hatte. Im Kaufvertrag war eine Klausel enthalten, nach der der Käufer eine Entschädigung an die BVVG abzuführen hatte, wenn die Fläche innerhalb von 15 Jahren nach Vertragsschluss als Standort für Windenergieanlagen genutzt wird. Der Landwirt klagte auf Feststellung, dass er nicht verpflichtet sei, die BVVG in die Verhandlungen bzgl. der Windenergienutzung einzubeziehen und dass er nicht verpflichtet sei, eine Entschädigung an die BVVG zu leisten. Das Landgericht Berlin gab dem Landwirt Recht: der Kaufvertrag sei als Allgemeine Geschäftsbedingung zu qualifizieren und beinhalte im Sinne von § 307 BGB unangemessene und damit unwirksame Regelungen. So ergebe sich eine Zahlungspflicht nicht aus der FlErwV und es sei unangemessen, die auf die Nutzungsdauer einer Windenergieanlage bemessene Nutzungsentschädigung bei der lediglich 15-jährigen Bindungsfrist nach dem AusglLeistG und der FlErwV zu veranschlagen. Eine Pflicht, die BVVG in Verhandlungen mit einzubeziehen, bestehe nicht.

Die Entscheidung des Kammergerichts wird weitreichende Folgen haben, denn sie betrifft den Umfang der Bindungen von Erwerbern und sie wird Auswirkungen auf den künftigen Umgang mit Kaufverträgen haben und wird dazu führen, dass Entschädigungszahlungen bei Altfällen neu zu überprüfen sind. Die finanziellen Auswirkungen dürften ganz erheblich sein. Wenngleich das Urteil des Landgerichts überzeugende Argumente liefert, darf mit Spannung erwartet werden, wie sich das Kammergericht zu der Frage positioniert, ob die BVVG Verträge anhand der für allgemeine Geschäftsbedingungen geltenden Regeln zu prüfen sind und ob der Inhalt der Verträge – einschließlich der teilweisen Erlösabführung der Einnahmen aus der Windenergie – nicht vielmehr bereits gesetzlich hinreichend zum Ausdruck kommt. Ein Ansatzpunkt, der vom Landgericht nicht thematisiert worden ist, könnte sein, die Erlösabführung als minus bzw. weniger gegenüber der im Falle einer vereinbarungswidrigen Nutzung vorgesehenen Rückübertragung anzusehen. Dagegen spricht freilich, dass die Rückübertragung sowohl finanziell als auch der Sache nach wohl kaum als minus, sondern eher als aliud, also etwas ganz anderes, anzusehen ist.

Es ist damit zu rechnen, dass sich das Kammergericht eingehend mit den von der BVVG ins Feld geführten Argumenten und den gesetzlichen Regelungen auseinandersetzt und dass das Urteil als Maßstab für den künftigen Umgang mit der BVVG herangezogen werden kann. Das ist dringend notwendig, denn Erwerber lassen sich aufgrund der schlimmstenfalls drohenden Rückübertragung von einer Auseinandersetzung mit der BVVG abhalten. Das wiederum gibt der BVVG eine große Verhandlungsmacht und sie kann – unter Umständen – ungesetzliche Forderungen durchsetzen. Hier wird das Kammergericht voraussichtlich der Verhandlungsmacht der BVVG Grenzen setzen. Welche Auswirkungen die Entscheidung auf Altfälle hat, kann erst anhand der Entscheidungsgründe beurteilt werden und ist abhängig von den konkreten Umständen.

Kammergericht Berlin, laufendes Verfahren – 28 U 7/15

Landgericht Berlin, Urteil vom 24. Februar 2015 – 19 O 207/14