Zur Haftung eines Waschanlagenbetreibers bei Fahrzeugschäden aufgrund “nicht serienmäßiger Ausstattung”

Bei erkennbarer Anhängerkupplung ist Kunde bei manueller Vorwäsche anzusprechen – allgemeine Hinweise er möge bei “nicht serienmäßige Ausstattung” Aufsichtspersonal ansprechen genügen nicht

Am 14.10.2016 hatte das Amtsgericht Rostock mit Urteil zum Aktenzeichen 49 C 277/15 einen Waschanlagenfall entschieden, bei dem es um die Haftung des Anlagenbetreibers für Schäden an einem Fahrzeug ging, welches mit einer nicht serienmäßigen Anhängerkupplung versehen war. Die Schäden am Fahrzeug traten beim Waschvorgang in der Waschanlage durch mechanische Probleme im Zusammenhang mit der Anhängekupplung auf. Andresen Rechtsanwälte vertraten den Kläger.

Das Amtsgericht hat im entschiedenen Fall einen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 i.V.m. § 631 BGB zugesprochen. Bei einem Vertrag, der die Reinigung eines Fahrzeuges in einer Waschstrasse zum Gegenstand habe, handele es sich nach ganz herrschender Meinung um einen Werkvertrag im Sinne des § 631 BGB, so das Amtsgericht. Dies überrascht insoweit nicht.

Allerdings konkretisiert das Amtsgericht im Weiteren dann die Pflichten, die sich daraus ergeben, wenn Mitarbeiter die Anhängerkupplung bei der Vorwäsche wahrnehmen können. Ferner stellte es klar welche Anforderungen an die Abklärung der Ursachen für ein plötzliches Stoppen einer Waschanlage zu setzen sind.

Schließlich setzte es sich mit den praxisrelevanten Frage auseinander, ob Hinweise, die im Bereich der Waschanlage selbst angebracht sind, also beim Zahlungsvorgang nicht wahrnehmbar sind, soweit sie überhaupt AGB darstellen, Vertragsbestandteil werden können und ob ein Haftungsausschluss erfolgen kann, wenn Fahrer von Fahrzeugen mit Sonderausstattung durch die dort angebrachten Hinweise lediglich darauf aufmerksam gemacht werden, sich an das Bedienungspersonal zu wenden. Letztere Punkte verneinte das Amtsgericht.

Diese Entscheidung dürfte für viele Waschanlagenbetreiber und Nutzer mit Sonderausstattungen wie Anhängerkupplungen relevant sein.

Dass bei Schäden in Waschanlagen die Beweiserleichterung für den Kunden gilt, dass von der Schädigung in der Waschanlage auf eine objektive Pflichtverletzung des Waschanlagenbetreibers geschlossen werden kann, ist bereits entschieden zuvor worden BGH, NJW-RR 1993, 795; OLG Koblenz, NJW- RR 1995, 1135; OLG Düsseldorf, NJW-RR 2004, 962).

Auch dass es für einen Haftungsausschluss eines eindeutigen Hinweises bedurft hätte, dass die Anlage nur im Fall der Voranmeldung mit einer Anhängerkupplung genutzt werden könne und der allgemeine Hinweis, dies gelte bei „serienmäßiger Ausstattung“ insoweit unzureichend ist, wurde bereits durch andere Gerichte so erkannt (LG Arnsberg, Urteil vom 25.11.2008 – 3 S 133/08; AG Warstein, Urteil vom 13.08.2008 – 3 C 78/08, AG Eschweiler, Urteil vom 13.09.1991 – 18 C 113/91).

Dies ist auch folgerichtig, denn Anhängerkupplungen dürften mittlerweile bei einigen Fahrzeugmodellen serienmäßig werkseitig vorhanden sind, sodass es sich um eine übliche Ausstattung handeln kann.  Der Kunde kann somit nicht eindeutig zuordnen, ob ihn nun eine Meldepflicht trifft oder nicht.

Die vorliegende Entscheidung ist jedoch insoweit interessant, weil sie dem Waschanlagenbetreiber, der eine manuelle Vorwäsche durchführen lässt wohl zudem die Pflicht auferlegt, die Kunden mit prominent wahrnehmbarer Sonderausstattung selbst anzusprechen. Geschieht dies nicht, können Kunden mit Anhängerkupplung davon ausgehen, dass ein Befahren der Waschanlage mit dieser Anhängerkupplung ohne erhöhtes Risiko möglich ist, so das Amtsgericht. Auch dies jedoch letztlich nur konsequent sein. Ordnet man die Fahrzeugwäsche als Werkvertrag ein, gehört es zu den sich aus dem Vertrag ergebenden Pflichten auch, sich gegenüber seinem Vertragspartner so zu verhalten, dass dessen Rechtsgüter nicht verletzt werden. Insoweit darf man den Kunden dann nicht „sehenden Auges“ in die Waschstraße fahren lassen.

Aus den Gründen:

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz nach Nutzung einer Waschanlage. Der Kläger befuhr mit einem Fahrzeug (…), amtliches Kennzeichen (…) am Vormittag des (…) in  die von der Beklagten betriebene Waschstrasse in der(…) in (…).

Dieses Fahrzeug verfügte über eine nicht serierimässige Anhängerkupplung. Nachdem das Fahr zeug zunächst durch einen Mitarbeiter der Beklagten manuell vorgereinigt wurde, begann der eigentliche Waschvorgang, der jedoch zunächst plötzlich unterbrochen wurde. Nachdem die Anlage durch einen Mitarbeiter der Beklagten wieder angefahren wurde, kam es zu einem lauten Knall. In der Folgezeit zeigte sich eine Beschädigung im Bereich der Anhängerkuppiung des klägerischen Fahrzeuges, dessen Behebung nur mit einem Kostenaufwand in Höhe von € 1.080,90 möglich ist.

Der Kläger behauptet, dass das streitgegenständliche Fahrzeug in seinem Eigentum steht. Er ist der Auffassung, dass ihm ein Anspruch auf Ersatz des entstandenen Schadens zustehe, da dieser auf eine objektive Pflichtverletzung der Beklagten als Betreiberin der Waschanlage zurückzuführen sei.

Weder durch das Aufsichtspersonal der Beklagten noch durch einen sonstigen Hinweis sei der Kläger in unmissverständlicher Weise darauf hingewiesen worden, dass ein Befahren der Waschanlage mit einer Anhängerkupplung nicht möglich sei. Weil die Allgemeinen Vertragsbestimmungen der Beklagten bei Vertragsschluss nicht vorgelegen hätten, seien diese zudem nicht wirksam in dem Vertrag zwischen den Parteien einbezogen worden.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger € 1080,90 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinsatz seit Klageerhebung zu zahlen und

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger aussergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von € 160,65 zu erstatten sowie

3. festzustellen1dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger jeden über den Betrag nach Klageantrag zu Ziffer 1) weitergehenden materiellen Schaden aus dem am (…) in der Waschstrasse (…) an dem Fahrzeug (…), amtliches (…) eingetretenen Schadensereignis zu ersetzen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass dem Kläger ein Schadensersatzanspruch nicht zustehe, da sich die von der Beklagten betriebene Waschanlage in einem einwandfreien technischen Zustand befunden habe und der Kläger an der Zufahrt zu der Waschanlage deutlich darauf hingewiesen worden sei, dass Fahrer von Fahrzeugen mit Sonderausstattungen die Mitarbeiter der Beklagten vor Nutzung der Waschanlage darauf aufmerksam zu machen habe. Da ein solcher Hinweis durch den Kläger nicht erfolgt sei, trage dieser allein die Verantwortung für den entstandenen Schaden.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Schadensersatz in Höhe von € 1080,90 aus § 280 Abs. 1 i.V.m. § 631 BGB.

Der Kläger ist aktivlegitimiert, da er hinreichend vorgetragen hat, Eigentümer des streitgegenständlichen Fahrzeuges zu sein.

Bei einem Vertrag, der die Reinigung eines Fahrzeuges in einer Waschstrasse zum Gegenstand hat, handelt es sich nach ganz herrschender Meinung um einen Werkvertrag im Sinne des § 631BGB.

Zu den sich aus dem Vertrag ergebenden Pflichten gehört es auch, sich gegenüber seinem Vertragspartner so zu verhalten, dass dessen Rechtsgüter nicht verletzt werden.

Nach dem Vortrag der Parteien hat das Gericht keinen Zweifel daran, dass das zuvor unbeschädigte Fahrzeug des Klägers während des streitgegenständlichen Waschvorganges beschädigt worden ist.

Der Hergang des Schadens ist durch die Beklagte nur pauschal bestritten worden, wobei diese jedoch auch eingeräumt hat, dass der Schaden im Heckbereich des klägerischen Fahrzeuges nach dem Waschvorgang auch durch einen Mitarbeiter der Beklagten festgestellt worden ist. Da das Fahrzeug des Klägers unstreitig unmittelbar zuvor durch Mitarbeiter der Beklagten von außen manuell vorgereinigt wurde, hätten diese auch Wahrnehmungen dazu treffen können, ob das Fahrzeug bereits mit dem streitgegenständlichen Schaden in die Waschanlage gefahren ist. Das die Mitarbeiter der Beklagten solche Feststellungen getroffen haben, ist durch diese jedoch nicht vorgetragen worden.

Das Gericht geht daher davon aus, dass sich der Schaden dadurch ereignet hat, dass sich die Borsten der Waschwalze mit der Anhängerkupplung verhakten, dadurch mit Gewalt an diese herangezogen worden sind und sich der dadurch entstandene Druck dadurch entlud, dass die Anhängerkupplung nachgab und die Delle im Bereich des Fahrzeughecks verursachte.

Da danach feststeht, dass sich der Schaden beim Betriebe der Waschanlage ereignete, kann

nach allgemeiner Meinung auf eine objektive Pflichtverletzung geschlossen werden.

Diese Pflichtverletzung erfolgte auch schuldhaft. Unbestritten ist nämlich geblieben, dass vor dem eigentlichen Schadensereignis die Waschanlage ihren Betrieb zunächst plötzlich einstellte, durch einen Mitarbeiter der Beklagten erneut angefahren wurde und es erst dann zum Schadensereignis kam. Diese Vorgehensweise der Mitarbeiter der Beklagten. die sich deren Verhalten gem. § 278 BGB zurechnen lassen muss, war jedoch zumindest leicht fahrlässig.

Vor einem Wiederanfahren der Anlage hätte nämlich der vor Ort befindliche Mitarbeiter der Beklagten zunächst klären müssen, welche Ursachen das plötzliche Stoppen der Waschanlage hatte. Wäre dies durch den Mitarbeiter erfolgt, hätte dieser möglicherweise erkennen können, dass es mechanische Probleme im Bereich der Anhängerkupplung des klägerischen Fahrzeuges gab und so den Schadenseintritt verhindern können.

Der Umstand, dass es sich bei der Anhängerkupplung am Fahrzeug des Klägers um eine Sonderausstattung gehandelt hat, steht der Schadensersatzpflicht der Beklagten nicht entgegen. So weit die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten ein Haftungsausschluss vorgesehen haben, hat diese nicht nachgewiesen, dass sie wirksam in den Vertrag einbezogen wurden. Nach allgemeiner Meinung setzt dies nämlich voraus, dass die Geschäftsbedingungen durch den Vertragspartner noch vor Vertragsschluss eingesehen werden können. Der Vertragsschluss lag hier beim Erwerb der entsprechenden Waschmarke. Das der Kläger Gelegenheit hatte, noch vor diesem Zeitpunkt die AGB einzusehen bzw. auf diese entsprechend hingewiesen worden ist, ist durch die Beklagte nicht vorgetragen worden.

Hinweise, die im Bereich der eigentlichen Waschanlage angebracht sind, konnten dagegen, so weit sie AGB darstellen, nicht mehr Vertragsbestandteil werden, da der Nutzer der Waschanlage von diesen erst nach Vertragsschluss Kenntnis nehmen konnte.

Der blosse Umstand, dass die Fahrer von Fahrzeugen mit Sonderausstattung durch die dort angebrachten Hinweise darauf aufmerksam gemacht werden, sich an das Bedienungspersonal zu wenden, reichen zudem nach Auffassung des Gerichtes nicht aus, um einen Schadensersatzanspruch zu verhindern. Zum einen lassen diese Hinweise nicht erkennen, welche Rechtsfolgen eine Nichtbeachtung nach sich zieht. Zum anderen ist zwischen den Parteien unstreitig, dass Mitarbeiter der Beklagten vor dem Befahren der eigentlichen Waschanlage eine manuelle Vorreinigung an dem Fahrzeug des Klägers vorgenommen haben und dabei auch die Anhängerkupplung am Fahrzeug des Klägers als prominentes Bauteil wahrnehmen mussten. Da der Kläger unstreitig auf dieses nicht angesprochen wurde, durfte er davon ausgehen, dass ein Befahren der Waschanlage mit dieser Anhängerkupplung ohne erhöhtes Risiko möglich ist.

Da der Anspruch der Höhe nach zwischen den Parteien unstreitig geblieben ist, war dem Antrag zu Ziffer 1) stattzugeben.

Aus den gleichen Gründen ist auch der von dem Kläger geltend gemachte Feststellungsantrag begründet, da der Schaden bislang nicht repariert worden ist und daher mit dem Eintritt von Folgeschäden, beispielsweise in Form der Mehrwertsteuer für den Fall einer Reparatur zu rechnen ist.“