Überblick über rechtlichen Aspekte und Checkliste
Photovoltaikanlagen (kurz PV-Anlagen) werden häufig auf fremden Dächern errichtet. Oft stellt sich die Komplexität der rechtlichen Aspekte erst heraus, wenn etwas passiert. Grund genug, um hier einmal wesentliche Gesichtspunkte darzustellen: Wie auch in anderen Bereichen der erneuerbaren Energien gibt es bei der Errichtung von PV-Anlagen auf fremden Dächern zahlreiche Rechtsbeziehungen, da viele Akteure daran beteiligt sind. Zu nennen sind der Hauseigentümer, der Mieter oder der Pächter mit jeweils deren Sachversicherern, der Eigentümer der PV-Anlage, die fremdfinanzierende Bank, Nachbarn, der PV-Anlagenversicherer und zu guter letzt die aus verwaltungsrechtlicher Sicht interessante Genehmigungsbehörde und die Feuerwehren. Die Fülle der Beteiligten lässt erahnen, dass ein Gestattungsvertrag für die Errichtung der PV-Anlage auf dem fremden Dach lediglich einen kleinen Ausschnitt der rechtlich relevanten Themen abdeckt.
Vertragsrecht: strenge Anforderungen des Mietrechts
Anforderungen an einen Gestattungsvertrag hängen davon ab, wie dieser Vertrag rechtlich einzuordnen ist. Vertragsrechtlich kann zwar nahezu alles individuell ausgehandelt werden, allerdings bestimmen sich wesentliche Rechtsfolgen danach, um welche nach dem BGB typische vertragliche Erscheinung es sich handelt. Ein PV-Anlagen-Gestattungsvertrag könnte als Mietvertrag einzuordnen sein, da eine Sache entgeltlich überlassen wird mit der Möglichkeit der Benutzung durch den Nutzer. Gegen das Vorliegen eines Mietvertrages kann eingewandt werden, dass ja gar nicht die Sache überlassen wird, sondern lediglich auf der Sache, nämlich dem Dach, eine PV-Anlage errichtet werden darf. Im Zweifel sollte der Vertrag die strengen Anforderungen eines Mietvertrags erfüllen. Sowohl Vertragslaufzeit als auch Vertragsgegenstand müssen in Schriftform bestimmt sein. Fehlt es daran, kann der Vertrag vorzeitig kündbar sein. Die Dachfläche sollte so bezeichnet werden, dass eine Zuordnung ohne Zweifel möglich ist. Empfehlenswert ist die Beifügung einer Zeichnung, auf der die Dachfläche und die zur Nutzung zur Verfügung gestellte Fläche darauf dargestellt sind. Vorsicht ist bei einer farbigen zeichnerischen Darstellung geboten, da von Verträgen und Zeichnungen oft nicht Farb- sondern schwarz-weiß-Kopien gefertigt werden, wodurch eine Zeichnung ihre Aussagekraft verlieren kann.
Kreditrecht: Sicherheiten der Bank
Die Errichtung von PV Anlagen ist kostenintensiv und deshalb oft zu einem erheblichen Anteil durch Darlehen finanziert. Banken lassen sich die PV-Anlagen daher regelmäßig als Sicherheit übereignen. Um zu vermeiden, dass die PV-Anlage durch die feste Verbindung mit der Immobilie in das Eigentum des Grundstückseigentümers übergeht, sollte vertraglich die Grundlage dafür gelegt werden, dass die PV-Anlage als so genanntes Scheinbestandteil (§ 93 BGB) zu qualifizieren ist. Dazu empfiehlt es sich, die Dachnutzung von vornherein als vorübergehend zu vereinbaren. Vorsicht ist bei Vorkaufsrechten des Eigentümers oder des Mieters geboten und Vereinbarungen, nach denen die Anlage auf dem Dach bleiben kann. In solchen Fällen kann zweifelhaft werden, dass die PV-Anlage als solche verkehrsfähig geblieben ist. Dadurch kann die Eigenschaft der PV-Anlage als Scheinbestandteil wegfallen und damit die Sicherheit der Bank. Das wiederum kann im schlimmsten Fall die Kündigung des Darlehens zur Folge haben. Banken verlangen oft auch einen Verzicht auf Pfandrechte, so das Vermieterpfandrecht. Ein solcher Verzicht ist für den Vermieter nachteilig und sollte daher angemessen vergütet werden, sofern dies nicht bereits durch ein angemessenes Nutzungsentgelt geschehen ist.
Sicherungsrechte: Beschränkte Persönliche Dienstbarkeit / Grunddienstbarkeit / Nießbrauch?
Unabhängig von der Finanzierung sollte die Nutzung dinglich abgesichert werden. Das bedeutet, dass zugunsten des Nutzers eine Grundbucheintragung des Inhalts erfolgt, dass dieser das Grundstück in der beschriebenen Weise nutzen darf (so bei der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit). Die Eintragung kann auch zugunsten eines anderen Grundstücks erfolgen (so bei der Grunddienstbarkeit). Auch hierbei gibt es Einiges zu beachten. So kann für den Grundstückseigentümer vorteilhaft sein, die Sicherheit zu befristen oder an Bedingungen zu knüpfen und im Interesse des Investors und der Bank sollte der gesetzlich zulässige Inhalt gewahrt werden. Erfahrungsgemäß gehen viele Banken und nahezu alle Investoren davon aus, dass eine dingliche Sicherung wirkliche Investitionssicherheit bringt. Das ist leider nicht immer der Fall, denn selbst ordnungsgemäß befristete Gestattungsverträge sind unter Umständen vorzeitig kündbar (vgl. § 57a ZVG, § 111 InsO, §§ 2135, 1056 Abs. 2 BGB). Wird der Gestattungsvertrag gekündigt, kann die auf dessen Grundlage bestellte dingliche Sicherheit regelmäßig kondiziert werden, da der Rechtsgrund für die Bestellung der Sicherheit weggefallen ist (vgl. § 812 BGB). Wenngleich Einzelheiten rechtlich sehr komplex sind, sollte das Risiko beim Vertragsschluss bedacht werden. Das Vertragsrecht bietet aber durchaus Möglichkeiten zur Minimierung des Risikos: Da dingliche Rechte nicht zwingend einen Rechtsgrund erfordern, kann ein dingliches Recht auch unabhängig von einem Kausalgeschäft begründet werden. Das hat zur Folge, dass der Wegfall des Gestattungsvertrages nicht zwingend dazu führt, dass die dingliche Sicherheit gelöscht werden muss. Auf zwei Gesichtspunkte dieser vertragsrechtlichen Gestaltung ist indessen besonders hinzuweisen: bei der Formulierung des Gestattungsvertrages und der Dienstbarkeitenbestellungsurkunde kommt es auf Details und juristische Feinheiten an. Der Vertrag sollte daher durch einen spezialisierten Anwalt oder eine Anwältin geprüft oder sogleich durch diesen oder diese erstellt werden. Die dafür entstehenden Kosten sind im Vergleich zur Investitionssumme gering. Ein Wermutstropfen bleibt indessen. Die beschriebene Abstrahierung von Gestattungsvertrag und dinglicher Sicherheit ist bislang nicht Gegenstand höchstrichterlicher Rechtsprechung gewesen. Es kann gegenwärtig also keine Aussage dazu getroffen werden, ob die vertragsrechtliche Gestaltung einer richterlichen Prüfung standhält. Fest stehen indessen die möglichen Argumente einer Auseinandersetzung, nämlich die formale Trennung auf der einen und die Umgehung rechtlicher Vorschriften (§ 57a ZVG, § 111 InsO, §§ 2135, 1056 Abs. 2 BGB) auf der anderen Seite.
Verwaltungsrecht: Genehmigungsbehörde und Feuerwehr
Auch aus verwaltungsrechtlicher Sicht führt die Errichtung einer PV-Anlage auf einem fremden Dach zu Regelungsbedarf, und zwar einerseits in Hinblick auf die Genehmigung und andererseits in Hinblick auf Aspekte der Gefahrenabwehr. Je nach Größe und Beschaffenheit der PV-Anlage fordern Genehmigungsbehörden auch Sicherheiten in Form von Wegerechten und Rückbauverpflichtungen. Letztere werden oft als Baulasten gesichert. Das bedeutet, dass letztlich das Grundstück für einen Rückbau aufzukommen hat, praktisch also diejenigen, die zu dem Zeitpunkt das Eigentum an dem Grundstück innehaben. Von großer Bedeutung ist das vor allem aufgrund der Kostentragung. Grundstückseigentümer sollten darauf achten, eine Rückbausicherheit in Form einer Bankbürgschaft zu erhalten. Diese sollte die Wiederherstellung des vorherigen Zustands abdecken und solche Schäden umfassen, die in Folge der PV-Anlage am Dach entstanden sind. Da über die Ursächlichkeit oft Streit entstehen wird, empfiehlt sich hier eine Beweislastregelung. Zu bedenken ist auch, dass es gegenwärtig keinen funktionierenden einheitlichen Standard für eine zentrale Abschaltung der PV-Anlagen gibt, die eine sichere Brandbekämpfung zulassen. Dieser Umstand hat zur Folge, dass um 2009/2010 sowohl in Fachkreisen als auch von Seiten der Berufsfeuerwehren geäußert wurde, dass Häuser, auf denen PV-Anlagen errichtet sind, nicht gelöscht werden. Vielmehr lasse man solche Häuser kontrolliert abbrennen. Diese von der Photovoltaikbranche als Panikmache bezeichnete Auffassung kann mittlerweile nicht mehr als Stand der Erkenntnis angesehen werden (vgl. Florian Reil und Willi Vaaßen, Brandschutz an Photovoltaikanlagen in Technische Sicherheit Bd. 1 (2011) Nr. 10 – Oktober). Der TÜV Rheinland kam zusammen mit dem Fraunhofer Institut ISE und der Berufsfeuerwehr München zu dem Ergebnis, dass sehr wohl auch Häuser mit PV-Anlagen gelöscht werden können, wenn die nach VDE0132 vorgeschriebenen Sicherheitsabstände eingehalten werden. Danach seien für Niederspannungsanlagen, also solche bis 1500 Volt Gleichspannung, Abstände von einem Meter bei einem Sprühstrahl und fünf Meter bei einem Vollstrahl einzuhalten. Allerdings ist nicht klar, ob die örtliche Feuerwehr diese Auffassung teilt oder zum Schutz der Einsatzkräfte von einer Brandbekämpfung absieht. Klar ist nur, dass selbst der Deutsche Feuerwehr Verband in einem Positionspapier auf die Risiken hinweist (DFV Position vom 8. November 2010). Gewissheit kann man sich durch eine Nachfrage bei der örtlichen Feuerwehr verschaffen.
Haftungsrecht: undichtes Dach und Klappern bei Wind
Eine schier unendliche Liste von Beispielen ließe sich für mögliche Haftungsfälle aufführen. So kann das Dach undicht werden oder es können Geräusche auftreten, bis hin zu Beschwerden des Nachbarn, der sich durch Reflexionen gestört fühlt. Die Erfahrung lehrt, dass solche Vorkommnisse nicht bloß theoretischer Natur sind, sondern tatsächlich auftreten. Wie bereits oben ausgeführt, empfiehlt es sich, bestimmte Risiken konkret zu regeln und explizite Beweislastregelungen dazu zu treffen. Das hilft zwar nicht unmittelbar, die Risiken zu vermeiden aber es erleichtert wesentlich, damit im Fall der Fälle umzugehen und eine Lösung zu finden.
Versicherungsrecht: einheitliche Versicherungen
Wesentliche Risiken sollten durch Versicherungen abgesichert sein. So gehört eine Sachversicherung zum üblichen Anforderungsprofil einer finanzierenden Bank. Da diese ein Interesse am Erhalt der PV-Anlage hat, muss diese gegen Schäden, Zerstörung oder Diebstahl versichert sein. Versicherungsrechtlich schwierig sind Fälle, in denen die Versicherung des Hauses und die Versicherung der PV-Anlage bei unterschiedlichen Versicherungsunternehmen versichert werden. Bei einem Brand kann nämlich die Ursache sowohl in der PV-Anlage als auch im Haus liegen. Praktisch bietet eine solche Konstellation für die Versicherer die Versuchung sich die Verantwortlichkeit gegenseitig zuzuschieben. Um das zu vermeiden sollte die Versicherung der PV-Anlage über dieselbe Versicherungsgesellschaft abgeschlossen werden, die auch das Haus versichert. Dann muss die Versicherungsgesellschaft ohnehin zahlen – egal worin die Ursache letztendlich lag. Vorher geklärt werden sollte zudem, ob die Versicherung auch dann für den Schaden einsteht, wenn die Feuerwehr das Haus aufgrund der installierten PV-Anlage nicht löscht, sondern abbrennen lässt. Das kann, wie oben dargestellt, durchaus der Fall sein.
Widerrufsrecht: Widerrufsbelehrung
Zu achten ist auch darauf, dass unter Umständen eine Widerrufsbelehrung erforderlich ist. Fehlt es an einer notwendigen Widerrufsbelehrung oder entspricht diese nicht den gesetzlichen Anforderungen, kann der Vertrag unter Umständen im Nachhinein zu Fall gebracht werden.
Mietrecht: Einverständnis der Mieter einholen
Wie bereits oben dargestellt, können durch die Errichtung einer PV-Anlage durchaus Beeinträchtigungen hervorgerufen werden. Greifen diese in Rechte von Mietern ein, so können die Mieter gegen die Beeinträchtigungen vorgehen. Ob eine Verhinderung des gesamten Projekts in Frage kommt, ist eine Frage des Einzelfalls. Der Hauseigentümer muss sich aber darüber im Klaren sein, dass ein Betreten des Hausflurs, um das Dach besteigen zu können, ebenso in Rechte der Mieter eingreift wie das Besteigen des Daches über ein Baugerüst, das vor den Fenstern des Hauses errichtet wird. Der Hauseigentümer sollte sich von möglichen Ansprüchen der Mieter freihalten lassen. Denkbare Punkte können Mietausfallschäden sein, die durch eine Mietminderung entstehen bis hin zu Ersatzleistungen aufgrund vorübergehend nicht benutzbarer Pkw-Stellplätze.
Stromeinspeisung: Netzanschlussvertrag / Netznutzungsvertrag
Im Gestattungsvertrag kann geregelt werden, dass die Entschädigung bzw. Miete sich an den aus der Stromproduktion erlangten Einnahmen bemisst. Netzbetreiber verlangen oft den Abschluss von Netzanschluss- und Netznutzungsverträgen. Aus Sicht des Hauseigentümers ist – da er von den vertraglichen Einzelheiten der Stromeinspeisung keine Kenntnis hat – die Festlegung einer Mindestentschädigung ratsam.