Wer Katzen regelmäßig Futter zur Verfügung stellt,muss diese Katzen kastrieren und kennzeichnen lassen.
Die Hansestadt Rostock hat mit Wirkung zum 23. Mai 2013 eine „Stadtverordnung der Hansestadt Rostock über die Kastrations- und Kennzeichnungspflicht von Freigängerkatzen“ erlassen.
Danach gilt, dass Katzen, die sich außerhalb der Wohnung ihrer Halterin oder ihres Halters bewegen (Freigängerkatzen), durch einen Tierarzt zu kastrieren sind und sich kennzeichnen lassen müssen. Dies soll nicht für weniger als 5 Monate alte Katzen gelten. Die Kennzeichnung soll durch einen implantierten Mikrochip/Transponder erfolgen.
Was besonders interessant ist: Sogar derjenige, der Katzen regelmäßig Futter zur Verfügung stellt, hat diese Katzen ebenfalls kastrieren und kennzeichnen zu lassen.
Verstöße gegen die Verordnung sollen mit Geldbußen von bis zu 5.000,00 EUR geahndet werden können.
Die Hansestadt Rostock beabsichtigt mit der Verordnung insoweit nachvollziehbar und sinnvoll das „Katzenelend“ der freilaufenden Katzen zu reduzieren, indem sich diese Katzen nicht weiter vermehren sollen. Das Ziel der Satzung der Hansestadt Rostock ist sicher legitim, auch im Lichte des Tierschutzes. Fraglich ist allein, ob die Satzung in dieser Form auch von der Rechtslage gedeckt ist oder ein Anpassung empfehlenswert wäre.
Schon die Frage, ob eine Kastrationspflicht rechtsverbindlich durch eine ordnungsbehördliche Verordnung vorgegeben werden darf, wird unterschiedlich bewertet.
Gesicherte Rechtsprechung zu auch in anderen Städten der Bundesrepublik ergangenen Satzungen ist hierzu noch nicht ergangen. Daher kann derzeit nicht ausgeschlossen werden, dass die in der Verordnung erlassene Kastrations- und Chipflicht aus nachstehenden Gründen verwaltungsgerichtlich angefochten werden könnte.
Insoweit könnte fraglich sein, ob eine Rechtsgrundlage für den Erlass einer Kastrations- und Kennzeichnungspflicht in dieser Form gegeben ist, insbesondere da letztlich in die körperliche Unversehrtheit der Tiere eingegriffen wird, der dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit genügen muss (§ 6 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 Tierschutzgesetz).
Der Erlass kann in unserem Land allenfalls auf Grundlage des Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Mecklenburg-Vorpommern (Sicherheits- und Ordnungsgesetz – SOG M-V) erfolgt sein. Nach § 17 SOG M-V können die Landes-, Kreis- und örtlichen Ordnungsbehörden zur Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung Verordnungen erlassen (Verordnungen über die öffentliche Sicherheit oder Ordnung).
Dies setzt aber voraus, dass eine so genannte „abstrakte Gefahr“ für die Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung vorliegt. Eine abstrakte Gefahr ist eine nach allgemeiner Lebenserfahrung oder den Erkenntnissen fachkundiger Stellen mögliche Sachlage, die im Fall ihres Eintritts eine konkrete Gefahr darstellen würde. Es wird teilweise vertreten, dass freilaufende Katzen keine „abstrakte Gefahr“ für die öffentliche Sicherheit darstellen. Es muss insoweit eine gesicherte Prognose gelingen, dass es gerade die fehlende Kastration der Katzen ist, die sich in der Obhut eines Halters oder desjenigen, der Katzen regelmäßig Futter zur Verfügung stellt befinden, die das „Katzenleid“ in Rostock verursacht. Ob eine solche, den Anforderungen der Rechtsprechung nach geforderte gesicherte Prognose vorliegt, ist hier nicht bekannt. Fehlt diese, könnte es schon an einer ausreichenden Rechtsgrundlage zum Erlass der Verordnung fehlen.
Fraglich könnte auch sein, ob derjenige, der „Katzen regelmäßig Futter zur Verfügung stellt“ Adressat der Verpflichtung nach der Verordnung sein darf. Dies wäre nach dem SOG M-V jedoch nur dann möglich, wenn der „Fütternde“ Inhaber der „tatsächlichen Gewalt“ über die Katze wäre. Ob allerdings jeder bei einer bloßen Fütterung gleich eine von einem „Herrschaftswillen getragene Sachherrschaft im Sinne einer tatsächlichen Einwirkungsmacht“ auf die Katze hat, dies setzt der Begriff der „tatsächlichen Gewalt“ nämlich voraus, ist sehr zweifelhaft. Insoweit könnten die satzungsmäßigen Pflichten für die fütternden Personen nochmals überdacht werden.
Problematisch ist ferner, ob die Verordnung nicht gegen die Grundrechte der Tierhalter verstößt. Ein Tier ist, was komisch klingen mag, zunächst nach eigentumsrechtlichen Gesichtspunkten zu betrachten. Insoweit muss die Verordnung den Anforderungen des Artikel 14 Abs. 1 des Grundgesetzes entsprechen, da sie letztlich in das Eigentum der Tierhalter eingreift. Sowohl die Kastrationspflicht als auch die „Chipflicht“ muss den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. Dies setzt voraus, dass die eingesetzten Mittel zur Verfolgung eines rechtmäßigen Zieles geeignet, erforderlich und angemessen sind.Die durch die Verordnung geregelten Pflichten, wären nur dann er erforderlich, wenn es kein geeignetes milderes Mittel gäbe. Hier sei nur beispielhaft genannt, dass statt einer Implantierung eines Mikrochips- oder Transponders auch eine Tätowierung oder das Tragen einer Tieridentifikationsmarke in Betracht kommt. Durch letztere könnten sehr umfangreiche Daten über das Tier jederzeit ablesbar sein, ohne dass in die Unversehrtheit des Tieres eingegriffen werden muss. Insoweit wäre empfehlenswert, dass die Satzung noch dahingehend angepasst wird.