Anlässlich des 4. Windenergieabends am 21. Februar 2013 in München referierte Rechtsanwalt Dr. Alexander Mahlke über aktuelle Ansätze zur Förderung der Akzeptanz von Windenergievorhaben. Namentlich ging es um die Frage, welche Möglichkeiten das Planungsrecht zur Verbesserung von Beteiligung bietet und inwieweit davon auf Ebene des Bundes oder in den Bundesländern Gebrauch gemacht worden ist.
Eingangs erläuterte er, was in der aktuellen Diskussion unter Beteiligung zu verstehen ist. Dabei kritisierte er, dass der Begriff „Beteiligung“ oft phrasenhaft zur Vermittlung politischer Ziele verwendet wird und dass dabei konkrete Fragen danach, wer woran beteiligt werden soll, ebenso offen blieben, wie das „wie“ der Beteiligung. Im Kontext mit dem Planungsrecht verstehe sich der Begriff „Beteiligung“ in erster Linie unter dem Blickwinkel einer Verbesserung der Mitsprachemöglichkeiten der Betroffenen sowie einer Verbesserung der Vorhabensumsetzung, die es beispielsweise den Gemeinden ermöglicht, einfacher Windenergieanlagen in ihrem Gebiet anzusiedeln.
Nach einer kurzen Einführung zur Wirkungsweise des Raumordnungsrechts, insbesondere zu der durch Konzentrationsflächen erreichbaren Ausschlusswirkung nach § 35 Absatz 3 BauGB, berichtete der Referent über konkrete Initiativen auf Bundesebene sowie in den Ländern Baden-Württemberg und Mecklenburg-Vorpommern.
Dr. Mahlke erläuterte zunächst Initiativen auf Bundesebene, namentlich die in § 5 Absatz 2b BauGB vorgesehene Möglichkeit der Aufstellung sachlichen Teilflächennutzungsplänen, die seit Juli 2011 auch auf Teile des Gemeindegebiets beschränkt werden können. An einem Beispiel illustrierte er die Wirkung sachlicher Teilflächennutzungspläne, die nunmehr auch für Teile des Gemeindegebiets aufgestellt werden können. Die aus den neuen Möglichkeiten resultierenden Ungewissheiten nahm der als Rechtsanwalt tätige Referent zum Anlass, auf prozessuale Mittel hinzuweisen (Antrag gem. § 47 VwGO – Normenkontrolle). Ebenfalls im Bundesrecht angesiedelt ist eine Ergänzung in § 249 BauGB, die nunmehr festlegt, dass die Ausweisung zusätzlicher Flächen für die Nutzung der Windenergieanlagen nicht bedeutet, dass die Festlegungen zuvor nicht ausgereicht hätten. Nach der Auffassung von Dr. Mahlke sei die Neuregelung aus dem Jahr 2011 für die Rechtsanwendung überflüssig, da diese gesetzliche Vermutungsregel nichts an den allein maßgeblichen tatsächlichen Gegebenheiten ändern könne.
Sodann erläuterte Dr. Mahlke einen Vorstoß des Landes Baden-Württemberg. Mit Wirkung vom 1. Januar 2013 sieht das dortige Landesplanungsgesetz BaWü praktisch – das heißt die Steuerungsfunktion betreffend – die ersatzlose Streichung der Ebene des Regionalplans vor, indem die Festlegung von Eignungsgebieten für Windenergie darin nunmehr für unzulässig erklärt wurde (§ 11 Abs. 2 S. 3 LPlG BaWü). Damit ist es den dortigen Regionalen Planungsverbänden nicht mehr möglich, Vorranggebiete mit Ausschlusswirkung festzulegen. Ziel dieses Ansatzes war die Förderung der Windenergie, da die Ausschlusswirkung der Vorranggebiete als Beschränkung empfunden wurde. Kritiker sehen hingegen die Gefahr eines Wildwuchses. Die Würdigung dieses Ansatzes verband der Referent mit der Darstellung der Gesetzgebungskompetenzen, deren Einhaltung durchaus in Zweifel gezogen werden kann. Problematisch sei nämlich, dass es nun keinen bundesweit einheitlichen Begriff für die „Ziele der Raumordnung“ mehr gebe und dass dadurch die Grundlage für eine Aushöhlung der Zwecke des Raumordnungsrechts geschaffen wurde, da dieses nun nicht mehr die hierarchisch angelegte ordnende Funktion erfüllen könne.
Abschließend würdigte der Referent Gedanken zur Überarbeitung des Landesraumentwicklungsprogramms Mecklenburg-Vorpommerns. Erklärtes Ziel der dortigen Plangeber sei es, die Entscheidung über eine Vorhabensumsetzung von dem besten Konzept abhängig zu machen. Den Gemeinden soll, gewissermaßen als Ausgleich für die Möglichkeit der Ersetzung des gemeindlichen Einvernehmens gemäß § 36 BauGB, ein Stück Entscheidungsgewalt zurückgegeben werden. Die im Wortlaut noch nicht feststehenden Ziele zur Förderung der Beteiligung umfassen Aspekte der regionalen Wertschöpfung, der Ermöglichung von Bürgerwindparks sowie der eines Wettbewerbs um die besten Konzepte. Dr. Mahlke bezweifelt, dass diese politischen Ziele als echte „Ziele der Raumordnung“ umgesetzt werden können, da ihnen die notwendige raumordnerische Wirkung und Bestimmtheit fehle. Einer Umdeutung in Grundsätze der Raumordnung (zum Begriff vgl. unten) stehe indessen nichts entgegen. Zu beachten sei aber, dass eine Steuerungswirkung mit Grundsätzen der Raumordnung nicht zu erreichen sei.
Dr. Mahlke resümierte, dass die Akzeptanz- & Beteiligungsförderung im Raumordnungsrecht angekommen sei und eine Tendenz der Verlagerung nach „unten“ zu erkennen ist. Außerdem würde versucht, eine Vereinfachung der Windplanung zu realisieren. Zunehmend würden die Gemeinden auch erkennen, dass die Ansiedlung von Windenergieanlagen eine lukrative Einnahmequelle darstellt, was einen regelrechten Wettbewerb der Länder im Planungsrecht auslöst.
Auszug aus der Einführung:
Ziele / Grundsätze der Raumordnung
> Grundsätze sind bei der Abwägung zu beachten (§ 3 I Nr. 3 ROG)
> Ziele sind zwingend zu beachten (§ 1 IV BauGB)
> Ziel der Raumordnung: Konzentration von raumbedeutsamen Vorhaben
Vorranggebiete (§ 8 VII Nr. 1 ROG): Ausschluss von unvereinbaren Nutzungen, mit oder ohne Wirkung für das restliche Plangebiet
Vorbehaltsgebiete (§ 8 VII Nr. 2 ROG): besondere Gewicht bei der Abwägung
Eignungsgebiete (§ 8 VII Nr. 3 ROG): kein Entgegenstehen anderer Belange im Außenbereichsgebiet (§ 35 BauGB) mit Ausschlusswirkung
Hierarchische Planungsebenen:
Landesraumentwicklungsprogramm (oberste Landesplanungsbehörde – i.d.R. Fachministerium)
Regionalplan (Regionaler Planungsverband – Körperschaft des öffentlichen Rechts)
Flächennutzungsplan – Gemeinde
(Bebauungsplan – Gemeinde)
Entstehen eines Windeignungsgebietes (WEG)
Tabuzonen ermitteln
Potenzialflächen ermitteln & Belange
Abwägung
Beachte: Windenergie ist in substanzieller Weise Raum zu verschaffen
Es gilt der Grundsatz der Gesamtbetrachtung des Raums.