Kein Haftungsausschluss beim Sportklettern

Umfassende Haftung des Sichernden bei Unfall beim Top-Rope-Klettern

Das Oberlandesgericht Hamm hat mit Beschluss vom 05.11.2013 entschieden, dass eine Haftungsbeschränkung bzw. ein Haftungsausschluss, der von der Rechtsprechung teilweise im Rahmen von Sportveranstaltungen und –ausübungen angenommen werde, nicht in Betracht kommt, wenn der Schaden durch eine gewichtige Regelverletzung des Schädigers verursacht worden ist. Zudem könne bei Sportarten mit erheblichem Gefährdungs- und Verletzungspotential von dem Geschädigten nur solche Verletzungen in Kauf genommen werden, die auch bei regelgerechtem Verhalten nicht zu vermeiden sind.

Dem lag der folgende Sachverhalt zugrunde:

Die Klägerin verunfallte in einem vom Deutschen Alpenverein betriebenem Klettergarten, als diese eine Wand hinauf kletterte und dabei von dem Beklagten mit einem Sicherungsseil im sogenannten „Top-Rope“-Verfahren, bei welchem das Klettergeschirr an dem Sicherungsseil befestigt ist, das nach oben und über einen sogenannten Umlenker an der Wand wieder nach unten verläuft, gesichert wurde. Als die Klägerin das obige Ende der Kletterwand erreicht hatte, löste der Beklagte ohne das die Klägerin zuvor das in der Kletterpraxis hierfür vorgesehene Kommando „Stand“ gerufen hatte, die Seilbremse und die Klägerin fiel aus ca. 15 Metern auf den Boden, wobei sie sich schwerwiegende Verletzungen zuzog.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das zweitinstanzlich zuständige OLG Hamm ausgeführt, dass die Klägerin durch das fahrlässiges Verhalten des Beklagten eine Verletzung ihres Körpers und ihrer Gesundheit erlitten habe, da der Beklagte nicht regelgerecht die Seilbremse gelöst habe, ohne das dafür vorgesehene Kommando „Stand“ zu geben.

Die Beklagte könne sich auch nicht auf eine Haftungsbeschränkung oder einen Haftungsausschluss berufen, welche von der Rechtsprechung zum Teil im Zusammenhang mit Sportveranstaltungen und –ausübungen angenommen wird. Derartige Beschränkungen beruhen darauf, dass die Teilnehmer der entsprechenden Sportveranstaltung von sich aus Verletzungen in Kauf nehmen, die auch bei regulärem Spiel nicht zu vermeiden seien. Demzufolge kann in einer derartigen Situation ein Schadensersatzanspruch gegen den Mitspieler nur in Betracht kommen, wenn der Geschädigt nachweise, dass dieser eine erhebliche Regelverletzung begangen habe. Die gelang der Klägerin in dem dem OLG Hamm zur Entscheidung vorgelegten Sachverhalt, indem dargelegt und bewiesen wurde, dass der Beklagte die beim Klettersport zu beachtenden Regeln in erheblichem Maße verletzt hat. Hätte dieser sich an die in der Kletterpraxis zu beachtenden Regeln gehalten, wäre der Sturz der Klägerin ohne weiteres zu vermeiden gewesen.

Demzufolge hat sich in dem Sturz der Klägerin kein bewusst durch das Klettern eingegangenes Risiko realisiert. Die Klägerin konnte vielmehr davon ausgehen, dass der in dieser Situation allein für die Sicherung verantwortliche Beklagte die damit verbundenen Sorgfaltspflichten einhält und hierdurch die zwar grundsätzlich mit dem Klettern verbundenen, durch eine regelgerechte Absicherung jedoch vermeidbaren Gefahren von ihr fernhält.