Urheberrechtliche Abmahnungen: Eltern haften nicht für illegales Filesharing eines volljährigen Familienangehörigen

Der BGH hat am 08.01.2014 entschieden (I ZR 169/12), dass der Inhaber eines Internetanschlusses für das Verhalten eines volljährigen Familienangehörigen nicht haftet, wenn er keine Anhaltspunkte dafür hatte, dass dieser den Internetanschluss für illegales Filesharing missbraucht.

Vier führende deutsche Tonträgerhersteller hatten den Beklagten als Inhaber eines Internetzugangs wegen des illegalen Herunterladens von 3.749 Musikaufnahmen in Anspruch genommen. In seinem Haushalt leben auch seine Ehefrau und deren volljähriger Sohn. Der Beklagte gab ohne Anerkennung einer Rechtspflicht zwar eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Er weigerte sich jedoch, die geltend gemachten Abmahnkosten in Höhe von 3.454,60 Euro zu bezahlen. Wegen dieser Kosten kam es zum Rechtstreit.

Der Beklagte macht geltend, er sei für die behaupteten Rechtsverletzungen nicht verantwortlich. Sein damals 20-jähriger Stiefsohn habe die Musikdateien über den Internetanschluss zugänglich gemacht. Der Stiefsohn des Beklagten hat im Rahmen seiner Beschuldigtenvernehmung gegenüber der Polizei eingeräumt, er habe mit dem Tauschbörsenprogramm „BearShare“ Musik auf seinen Computer heruntergeladen.

Das Landgericht gab der Klage in erster Instanz statt. Das Berufungsgericht hat den Beklagten verurteilt, an die Klägerinnen 2.841 Euro zu zahlen, und die weitergehende Klage abgewiesen.

Beide Gerichte waren der Auffassung, der Beklagte sei für die Verletzung der urheberrechtlich geschützten Rechte an den Musiktiteln verantwortlich. Er habe dadurch, dass er seinem 20-jährigen Stiefsohn den Internetanschluss zur Verfügung gestellt habe, die Gefahr geschaffen, dass dieser an urheberrechtsverletzenden Musiktauschbörsen teilnehme. Es sei ihm daher zumutbar gewesen, seinen Stiefsohn auch ohne konkrete Anhaltspunkte für eine bereits begangene oder bevorstehende Urheberrechtsverletzung über die Rechtswidrigkeit einer Teilnahme an Tauschbörsen aufzuklären und ihm die rechtswidrige Nutzung entsprechender Programme zu untersagen. Der Beklagte habe diese Verpflichtung verletzt, weil er seinen Stiefsohn nicht – jedenfalls nicht hinreichend – belehrt habe.

Der BGH hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage insgesamt abgewiesen.

Nach Auffassung des BGH ist bei der Überlassung eines Internetanschlusses an volljährige Familienangehörige zu berücksichtigen, dass die Überlassung durch den Anschlussinhaber auf familiärer Verbundenheit beruht und Volljährige für ihre Handlungen selbst verantwortlich sind. Im Blick auf das besondere Vertrauensverhältnis zwischen Familienangehörigen und die Eigenverantwortung von Volljährigen dürfe der Anschlussinhaber einem volljährigen Familienangehörigen seinen Internetanschluss überlassen, ohne diesen belehren oder überwachen zu müssen; erst wenn der Anschlussinhaber – etwa aufgrund einer Abmahnung – konkreten Anlass für die Befürchtung hat, dass der volljährige Familienangehörige den Internetanschluss für Rechtsverletzungen missbraucht, habe er die zur Verhinderung von Rechtsverletzungen erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen. Solche Anhaltspunkte lagen hier aber nicht vor, so dass keine Veranlassung für den Beklagten bestand, seinen Stiefsohn zu belehren oder sonst zu überwachen.