Schulrecht: Die Einschulung in die Wunschschule – was gilt es schon vor Erlass der Aufnahmebescheide zu beachten?

Haben Sie nur einen Antrag auf Einschulung gestellt? Dies genügt unter Umständen nicht.

Wie jedes Jahr stehen auch in diesem in Mecklenburg-Vorpommern erneut tausende Einschulungsentscheidungen an. Dem Ansturm auf beliebte Schulen können Schulen oft nur Herr werden, indem Beschränkungen der Aufnahmekapazität und Härtefallregelungen getroffen werden, auf deren Basis dann Zulassungsentscheidungen getroffen werden.

ANDRESEN Rechtsanwälte begeleiteten im vergangenen Jahr erfolgreich mehrere richtungsweisende Entscheidungen für Mecklenburg-Vorpommern, die die „Jenaplanschule“ in Rostock betrafen. So hat das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Greifswald (OVG M-V) in seiner Entscheidung vom 31.07.2013 entschieden, dass die Hansestadt Rostock als Schulträger verpflichtet ist, ein 7-jähriges, im Umland von Rostock wohnendes Kind vorläufig in die Eingangsklasse einer Rostocker Schule im Schuljahr 2013/2014 aufzunehmen. Die Entscheidung ist insoweit bemerkenswert, als das nach bisheriger Auffassung des Staatlichen Schulamtes in Rostock und der Hansestadt als Schulträger auswärtige Kinder bei voller Kapazität der gewünschten Schule von vornherein nicht berücksichtigt wurden. Das OVG M-V hingegen entschied, dass es keinen Grund gibt, nur die im Einzugsbereich der Wunschschule wohnenden Bewerber, nicht aber die auswärtigen, bei einer Härtefallauswahlentscheidung zu beteiligen, wenn der Schulbesuch an der Wunschschule zuvor durch die örtlich zuständige Schule gestattet worden sei. Damit sind auch grundsätzlich auswärtige Schüler bei Härtefallentscheidungen mit zu beteiligen.

In einem weiteren einstweiligen Rechtschutzverfahren vor dem OVG M-V , wurden die Antragsteller ebenfalls von ANDRESEN Rechtsanwälten erfolgreich vertreten.  Anders als die vorhergehende Instanz entschied das OVG M-V , ebenfalls am 31. 07.2013, auch hier auf einen Anspruch auf Aufnahme des Antragstellers in die Jenaplanschule. In dieser Entscheidung wurde für die Rechtsprechung in M-V insoweit klargestellt, dass ein Härtefall  nicht nur in Person des Schülers, sondern auch durch belastende Umstände für die Person der anderen Familienmitglieder, beispielsweise in der Person eines Elternteils begründet werden kann.

Sofern auch Sie erwägen, Ihr Kind auf eine bestimmte Schule einschulen zu wollen, sind die notwendigen rechtlichen Schritte frühzeitig noch vor Erlass von Ablehnungsbescheiden zu prüfen, da es unter Umständen auf den Zeitfaktor und notwendige formale Schritte (siehe unten) entscheidend ankommt.

In der Regel erhalten Eltern zwar einen Bescheid, in dem eine Versagung der Zulassung zur Wunschschule damit begründet wird, dass die „Kapazitäten“ erschöpft seien, da die Zahl der Bewerbungen die Anzahl der zur Verfügung stehenden Plätze überstiegen habe.

Ein Anspruch auf Zugang zu einer bestimmten Schule der gewählten Schulform besteht leider tatsächlich nicht ohne Weiteres, zumindest nicht solange der Besuch einer anderen (zugewiesenen) Schule der gleichen Schulform möglich und zumutbar ist. Ein Anspruch auf eine Wahlschule (die in der Regel von der örtlich zuständigen Schule abweicht), besteht nur im Rahmen der dort vorhandenen Aufnahmekapazität.

Im Lichte des Grundgesetzes (Artikel 6 Absatz 2 Satz 1, Artikel 12 GG i.V. mit den entsprechenden Ländervorschriften) sind die Schulen jedoch zur Aufnahme von Schülern bis zur Grenze ihrer Kapazität verpflichtet. Die Aufnahmeentscheidung ist letztlich eine Ermessensentscheidung, wobei allerdings die korrekte Festsetzung der Aufnahmekapazitäten gerichtlich überprüft werden kann und zu berücksichtigen ist, dass von der Schule wirklich die vollständige Ausschöpfung der Kapazität gefordert werden kann.

Übersteigt danach die Anzahl der Anmeldungen trotzdem tatsächlich die (gerichtlich überprüfte) Aufnahmekapazität, so kann die zuständige Schulbehörde Schülerinnen und Schüler einer anderen Schule zuweisen, wenn diese Schule in zumutbarer Entfernung des gewöhnlichen Aufenthaltsortes des Schülers liegt. Die Anmeldungen werden regelmäßig dann nach der Entfernung vom gewöhnlichen Aufenthaltsort zu der Schule verteilt, dabei sind Härtefälle angemessen zu berücksichtigen. Grundsätzlich wird eine Quote für besondere Härtefälle vorab bereitgehalten.

Wo nun derart teils umfangreiche Kapazitätsberechnungen und (Härtefall-) Entscheidungen zu treffen sind, können naturgemäß Fehler entstehen, die im Zweifel gerichtlich überprüft werden müssen.

Hier spielen im Wesentlichen zwei Fallgruppen von juristischen Angriffsmöglichkeiten eine Rolle:

Der erfahrungsgemäß am häufigsten auftretende Fall ist der so genannte „außerkapazitäre“ Rechtsstreit. In diesem Fall macht der Schulbewerber (vertreten durch die Eltern) geltend, dass die Aufnahmekapazität (die Zahl der zuzulassenden Schüler) falsch berechnet wurden. Sollte dies zutreffen (was der Schulbewerber übrigens nicht selbst zu beweisen hat, sondern gerichtlich „von Amtswegen“ überprüft wird), wären ggf. tatsächlich noch Plätze außerhalb der festgesetzten Aufnahmekapazität verfügbar, die dann verteilt werden

Ein juristischer Fallstrick liegt hier nun bereits darin begründet, dass im Falle des außerkapazitären Rechtsstreites ein Widerspruch oder eine Klage gegen einen Ablehnungsbescheid unter Umständen nicht ausreicht. Es sind meist zusätzliche und schon vorgerichtlich und zeitgerecht über den „normalen“ Aufnahmeantrag hinaus formal weitere Anträge notwendig, beispielsweise gerichtet auf so genannte „außerkapazitäre“ Aufnahme des Kindes auf der Schule. Unter Umständen müssen bei auswärtigen Schülern auch Zustimmungen (des Trägers) der örtlich zuständigen Schule beantragt werden. Wird erst ein Ablehnungsbescheid für den „normalen“ Antrag abgewartet, kann es unter Umständen schon zu spät sein. Insoweit sind der Einzelfall und die in diesem notwendigen Schritte rechtzeitig zu planen.

Eine weitere Fallgruppe bilden die so genannten „innerkapazitären“ Rechtsstreitigkeiten. Hier kann der Bewerber geltend machen, dass er bei der betreffenden Vergabe für die Wunschschule zu Unrecht keinen Platz erhalten hat. Hierbei gilt es jedoch zu beachten, dass innerkapazitäre Rechtsstreitigkeiten erfahrungsgemäß selten vorkommen.

Zu überlegen ist, ob eine Kombination des „außer-“ und „innerkapazitärer“ Rechtsstreites in Betracht kommt, wobei die vorstehenden Schritte zu beachten sind.