Haftung der Stadt bei Sturz einer Fußgängerin auf regennasser Messingplatte in Fußgängerzone
Das Oberlandesgericht Schleswig hat entschieden, dass die Stadt Kiel für den Sturz einer Fußgängerin auf einer regennassen Messingplatte in der Kieler Fußgängerzone wegen Verletzung ihrer Verkehrssicherungspflicht Schadensersatz leisten muss (OLG Schleswig, Urteil vom 17.06.2014, Az.: 11 U 167/13).
Der im Rahmen des Berufungsverfahrens getroffenen Entscheidung lag der folgende Sachverhalt zugrunde:
Die zum damaligen Zeitpunkt 58 Jahre alte Dame rutschte Anfang Dezember 2011 in der Holstenstraße in Kiel auf einer sogenannten Sprottenplatte aus und brach sich den Wadenbeinknochen. Am Unfalltag herrschte leichter Nieselregen bei einer Luftfeuchtigkeit von 75%. Die „Sprottenplatten“ in der Holstenstraße haben ein Sprottenrelief aus Messing. Auf ihnen ist der jeweilige Name eines Spenders aufgeführt, der die Umgestaltung der Kieler Fußgängerzone im Jahr 1988 durch einen finanziellen Beitrag ermöglicht hatte.
Die Stadt Kiel lehnte eine Haftung für den Sturz ab, woraufhin die Verletzte Ihren Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz gerichtlich geltend machte.
Das erstinstanzlich zuständige Landgericht Kiel holte das Gutachten eines Sachverständigen ein, der zu dem Ergebnis gelangte, dass von den sogenannten „Sprottenplatten“ bereits bei einem witterungsbedingt geringen Maß an Feuchtigkeit eine erhöhte Rutschgefahr ausgehe. Das Landgericht Kiel verurteilte die Stadt Kiel daraufhin zu Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz. Bei der Höhe der zugesprochenen Beträge ging das Landgericht von einem Mitverschulden der Fußgängerin aus, weil die Fußgängerin ortskundig und die Sprottenplatte gut erkennbar gewesen seien. Zudem war der Fußgängerin durch die Berichterstattung in der Presse bekannt, dass die „Sprottenplatten“ eine erhöhte Rutschgefahr aufweisen würden.
Gegen das Urteil des Landgerichts legte nur die Stadt Kiel das Rechtsmittel der Berufung ein, da sie der Ansicht seil überhaupt nicht haften zu müssen.
Diese Berufung hat das Oberlandesgericht Schleswig nunmehr zurückgewiesen.
Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, dass das Landgericht die beklagte Stadt zutreffend wegen der vorliegenden Verletzung der Verkehrssicherungspflichten in der „Holstenstraße“ in Kiel verurteilt habe. Durch das Einbringen der „Sprottenplatten“ in der Fußgängerzone hat die Stadt eine potenzielle Sturzgefahr geschaffen, weil die im Gehweg eingelassenen Messingplatten bei geringer Feuchtigkeit in erheblichem Maße in der Rutschfestigkeit herabgesetzt sind. Die Rutschneigung der Platten habe sich im Laufe der Zeit aufgrund der zwischenzeitlichen Abnutzung erhöht. Im Hinblick auf diese Eigenschaft der Sprotten bei Feuchtigkeit treffe die Stadt, die aus einer Reihe von Presseberichten diese Eigenschaften kannte, eine gesteigerte Sicherungspflicht. Die Platten seien zwar ohne weiteres sichtbar, ein Benutzer der Fußgängerzone müsse sich aber nicht durch eine entsprechende Weggestaltung darauf einstellen, dass er nicht zwangsläufig über diese Platten ausrutscht. Ein Ausweichen werde auch nicht immer möglich sein, da die „Holstenstraße“ zu den üblichen Ladenöffnungszeiten von Publikum stark frequentiert wird.
Wie das oben benannte Urteil zeigt, kann es sich durchaus lohnen, Städte wegen etwaiger Verkehrssicherungspflichtsverletzungen in Anspruch zu nehmen.