Kaufrecht: Zum Ausschluss des Rücktritts vom Kaufvertrag bei unerheblichem Sachmangel

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich im Rahmen einer jüngst veröffentlichten Entscheidung mit der Frage auseinandergesetzt, wann ein Sachmangel „unerheblich“ im Sinne des § 323 Absatz 5 Satz 2 BGB ist, was den Rücktritt eines Käufers vom Kaufvertrag ausschließt.

In dem der Entscheidung des BGH zugrundeliegenden Sachverhalt ging es darum, dass der Kläger von dem beklagten Autohaus die Rückabwicklung eines Kaufvertrages über einen zum Preis von 29.953,00 Euro erworbenen Neuwagen forderte. Nach der Übergabe des Fahrzeuges machte er gegenüber dem Verkäufer verschiedenartige Mängel geltend, u.a. Fehlfunktionen des akustischen Signals und das völlige Fehlen des optischen Signals der Einparkhilfe. Wegen der Mängel suchte er wiederholt das Autohaus der Beklagten und eine andere Vertragswerkstatt auf und setzte schließlich – erfolglos – hinsichtlich bestimmter Mängel, darunter die Mängel an der Einparkhilfe, eine letzte Frist zur Mängelbeseitigung. Die Beklagte teilte dem Kläger hierauf schriftlich mit, die Einparkhilfe funktioniere nach einem vorangegangenen Nachbesserungsversuch einwandfrei und entspreche dem Stand der Technik. Der Kläger erklärte daraufhin den Rücktritt vom Kaufvertrag. Mit seiner Klage begehrt er die Rückzahlung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung, insgesamt 27.257,23 Euro.

Das erstinstanzlich zuständige Landgericht Stuttgart hatte die Klage nach Einholung eines Sachverständigengutachtens abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers zum OLG Stuttgart hatte nachfolgend keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat unter Zugrundelegung des Sachverständigengutachtens festgestellt, das Fahrzeug sei insoweit mangelhaft, als die Sensoren der Einparkhilfe in falscher Höhe und mit falschem Abstand zueinander eingebaut seien, was dazu führe, dass die Einparkhilfe immer wieder Warnsignale ohne erkennbares Hindernis abgebe. Der Mangelbeseitigungsaufwand betrage gemäß dem Gutachten des Sachverständigen 1.958,85 Euro. Der Rücktritt sei jedoch gemäß §§ 440, 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen, da die Mangelbeseitigungskosten 10% des Kaufpreises nicht überstiegen und die in der Mangelhaftigkeit der Kaufsache liegende Pflichtverletzung deshalb unerheblich, der Mangel also geringfügig sei.

Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision hatte nachfolgend Erfolg: Der BGH hat den Rechtsstreit an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Nach Auffassung des BGH ist bei einem behebbaren Sachmangel die Erheblichkeitsschwelle des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB im Rahmen der auf der Grundlage der Einzelfallumstände vorzunehmenden Interessenabwägung in der Regel bereits dann erreicht, wenn der Mängelbeseitigungsaufwand einen Betrag von 5% des Kaufpreises überschreitet. Von einem geringfügigen Mangel, der zwar den Rücktritt, nicht aber die übrigen Gewährleistungsrechte ausschließe, könne hingegen in der Regel noch gesprochen werden, wenn der Mängelbeseitigungsaufwand die vorgenannte flexible Schwelle von 5% des Kaufpreises nicht übersteige. Eine generelle Erhöhung der Erheblichkeitsschwelle über diesen Prozentsatz hinaus sei mit dem durch den Gesetzeswortlaut und durch die Gesetzesmaterialien klar zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers, dem Sinn und Zweck des § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB sowie der Systematik der Rechte des Käufers bei Sachmängeln nicht zu vereinbaren. Die Erheblichkeitsschwelle von (nur) 5% des Kaufpreises stehe im Einklang mit den Vorgaben der EU-Verbrauchsgüterkaufrichtlinie.

Da im vorliegenden Fall bereits für die Beseitigung der vom Berufungsgericht festgestellten Fehlfunktion der Einparkhilfe ein die oben genannte Erheblichkeitsschwelle übersteigender Aufwand in Höhe von 6,5% des Kaufpreises erforderlich sei und das Berufungsgericht keine besonderen Umstände festgestellt habe, die es rechtfertigten, den Mangel gleichwohl ausnahmsweise als unerheblich anzusehen, sei der vom Kläger erklärte Rücktritt vom Kaufvertrag nicht gemäß § 323 Abs. 5 Satz 2 BGB ausgeschlossen.