Bevor der Patient einen Behandlungsfehler gesichert vermuten kann, sollten zunächst sämtliche Behandlungsunterlagen beim behandelnden Arzt beziehungsweise dem Krankenhausträger angefordert werden. Ein Behandlungsfehlervorwurf ist ohne diese Unterlagen schlicht nicht aufzuklären. Dies sollte möglichst frühzeitig geschehen.
Es kommt vor, dass Patienten davon ausgehen, ihnen würden die Patientenunterlagen nach der Behandlung auch gehören und sie seien deshalb im Original herauszugeben. Tatsächlich stehen diese Unterlagen jedoch im Eigentum des behandelnden Arztes oder des Krankenhauses und müssen nicht herausgegeben werden.
Um dennoch umfassende Kenntnis vom Inhalt der Behandlungsunterlagen zu erhalten, gilt es einige Schritte zu beachten:
Aus dem Grundrecht auf Selbstbestimmung und personaler Würde gemäß Art. 1 Absatz i.V. m. Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz ergibt sich das Recht eines jeden Patienten, die Krankenunterlagen einsehen zu können. Auch liegt jeder Behandlung ein so genannter „Behandlungsvertrag“ zugrunde. Dieser Behandlungsvertrag begründet ebenso das Recht des Patienten, in Unterlagen des Behandlungsverhältnisses vollständig einsehen zu dürfen. Darüber hinaus ist in der Musterberufsordnung der Ärztinnen und Ärzte Folgendes geregelt:
„Ärztinnen und Ärzte haben Patientinnen und Patienten auf deren Verlangen grundsätzlich in die sie betreffenden Krankenunterlagen Einsicht zu gewähren; ausgenommen sind diejenigen Teile, welche subjektive Eindrücke oder Wahrnehmungen der Ärztinnen oder des Arztes enthalten. Auf Verlangen sind der Patientin oder dem Patienten Kopien der Unterlagen gegen Erstattung der Kosten herauszugeben.“
Mit Blick darauf, dass die Ärztekammern der einzelnen Bundesländer die vorstehende Musterregelung teilweise abweichend geregelt haben ist zu erwähnen, dass die Ärztekammer Hamburg, die Ärztekammer Mecklenburg-Vorpommern und die Ärztekammer des Saarlandes sogar vorsehen, dass die subjektiven Eindrücke oder Wahrnehmungen des Arztes eingesehen werden dürfen. Damit würde der/die betreffende Arzt/Ärztin berufsrechtswidrig handeln, wenn aus dem Grunde, es seien solche subjektiven Aufzeichnungen enthalten, die Einsichtnahme verweigert würde.
Grundsätzlich lässt sich damit festhalten, dass das Recht des Patienten auf Information dadurch erfüllt werden kann, indem dem Patienten die Behandlungsunterlagen im Original zur Einsichtnahme oder auf seinen Wunsch hin in Kopie gegen angemessene Kostenerstattung zur Verfügung gestellt werden.
Sollte also die Herausgabe der Originale verweigert werden, können Sie die Einsichtnahme oder die Anfertigung von Kopien verlangen. Hierbei sollten Sie folgendes beachten:
Der Anspruch Kopien gefertigt zu erhalten umfasst auch sämtliche Aufzeichnungen apparativer und bildgebender Diagnoseaufnahmen (z.B. EKG und Röntgen). Fordern Sie diese ausdrücklich mit ein.
Ferner raten wir dazu, auch zu fordern, dass eine Erklärung darüber abgegeben werden soll, dass die übersandten Unterlagen richtig und vollständig übersandt wurden.
Lassen Sie sich auch Auskunft über Namen des behandelnden und nicht ärztlichen Personals erteilen, auch der Privatanschriften (allerdings nur für den Fall, dass der betreffende Mitarbeiter nicht mehr beim Krankenhaus/Ärztin oder Arzt angestellt ist).
Grundsätzlich haben auch die Erben eines verstorbenen Patienten das Recht, die Behandlungsunterlagen einzusehen. Der Nachweis des Erbrechtes (beispielsweise durch Erbschein) sollte dem Einsichtsverlangen zumindest in Kopie beigefügt werden. Dieses Recht kann jedoch auch versagt sein: Sollte ein vor dem Tod des Patienten geäußerter oder ein mutmaßlicher Wille des Patienten entgegenstehen, darf aufgrund der ärztlichen Schweigepflicht keine Einsicht gewährt werden. Dass ein mutmaßlicher oder zuvor geäußerter Patientenwille vorgelegen hat, ist allerdings vom Arzt beziehungsweise der Ärztin einzuwenden und zu begründen.
Schließlich möchten wir auch dazu anraten, möglichst frühzeitig,
ein detailliertes und umfassendes Gedächtnisprotokoll anzufertigen. In siesem sollten chronologisch geordnet auch noch so unwichtig erscheinende Erinnerungen und Äußerungen und Namen festgehalten werden.
Streitigkeiten im Arzthaftungsrecht sind stets langwierig, oftmals erst viel später entscheidende Erinnerungen verblassen erfahrungsgemäß schnell oder gehen unwiderruflich verloren.
Sollten Sie Fragen im Zusammenhang mit einem vermuteten Behandlungsfehler haben, stehen Ihnen unsere Rostocker Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte von ANDRESEN RECHTSANWÄLTE gern für ein Beratungsgespräch zur Verfügung.