Verwaltungsrecht: Persönliche Unzuverlässigkeit eines Beliehenen der öffentlichen Verwaltung

Widerruf der Bestellung als Bezirksschornsteinfegermeister wegen außerberuflicher antisemitischer Betätigung

Der Begriff der Zuverlässigkeit bzw. Unzuverlässigkeit eines Beamten oder Gewerbetreibenden stellt im Verwaltungsrecht ein erhebliches Kriterium dar, mit welchen die bei einer natürlichen Person in bestimmten Rechtsituationen erforderliche charakterliche Eignung ihren Ausdruck findet. So wird Zuverlässigkeit beispielsweise von Personen erwartet, die eine Gewerbeerlaubnis beantragen, in sicherheitsrelevanten Bereichen oder mit Waffen arbeiten oder Fahrgäste befördern.

Das Bundesverwaltungsgericht hat jetzt entscheiden, dass die Bestellung eines Bezirksschornsteinfegers wegen fehlender persönlicher Zuverlässigkeit widerrufen werden darf, wenn dieser sich außerberuflich über mehrere Jahre an der öffentlichen Ehrung der Mörder des früheren deutschen Außenministers aktiv beteiligt hat und dazu weiterhin steht (vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 07.11.2012, Az.: 8 C 28.11).

Konkret ging es in dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vorliegenden Sachverhalt darum, dass der seit 1987 als Bezirksschornsteinfegermeister bestellte Kläger der sich aktiv für die NPD betätigt, in den Jahren 2001 bis 2004 sowie 2006 bis 2007 an Veranstaltungen zum Gedenken an die Mörder der Außenministers der Weimarer Republik Walther Rathenau teilnahm, unter anderem an einer Kranzniederlegung mitwirkte und eine Rede hielt.

Die beklagte Behörde widerrief mittels Bescheid die Bestellung des Klägers als Bezirksschornsteinfegermeister und begründete dies mit der fehlenden persönlichen Zuverlässigkeit für die Ausübung seines Berufes. Dagegen erhob der Kläger Anfechtungsklage vor dem Verwaltungsgericht in erster Instanz. Dieses gab der Klage genau wie das zweitinstanzliche Oberverwaltungsgericht statt. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die dem Kläger vorgehaltenen Aktivitäten keinen Bezug zu seiner beruflichen Tätigkeit aufwiesen.

Nach eingelegter Revision des Beklagten hat das Bundesverwaltungsgericht nunmehr diese Urteile geändert und die Klage gegen die Widerrufsbescheid abgewiesen. Zur Begründung führten die Richter an, dass auch außergerichtliches Verhalten bei der Beurteilung der persönlichen Zuverlässigkeit maßgeblich sei. Öffentlich bestellte Schornsteinfeger seien demzufolge Teil der öffentlichen Verwaltung und unterlägen damit der allgemeinen Rechtsgebundenheit der Verwaltung.

Durch die aktive Beteiligung an „Totenehrungen“ für die Mörder Walther Rathenaus habe der Kläger zum Ausdruck gebracht, dass er schwerste und antisemitische Straftaten billige und die Täter gar für verehrenswürdig halte.

Die durch die Billigung der Ermordung eines Menschen u.a. wegen seines jüdischen Glaubens und die Ehrung der Mörder offenbarte antisemitische und rassistische Grundhaltung, zeige auf, dass der Kläger die elementaren Grundrechte von Mitbürgern gering achte. Dies sei aber für einen Bezirksschornsteinfegermeisters besonders wichtig, da dieser zum Beispiel in Privathaushalten von Mitbürgern tätig wird, welche verpflichtet seien ihm den Zutritt zu ihren Wohnungen zu gestatten. Das Vertrauen der Bürger in eine unparteiische und rechtsstaatliche Aufgabenwahrnehmung des Bezirksschornsteinfegermeisters werde erschüttert, wenn dieser zu erkennen gebe, dass er die geltenden Gesetze und die Grundrechte von Mitbürgern – auch von ethnischen oder religiösen Minderheiten – nicht uneingeschränkt und verlässlich achte.