Zur Frage ob eine Unterschreitung von Mindestsätzen vor Abschluss des Architektenvertrages möglich ist
Immer wieder stellt sich in der Rechtspraxis der Architekten oder Ingenieure die Frage, ob bei bestimmten Leistungen noch eine unentgeltliche Akquisetätigkeit oder eine zu vergütende (Planungs-) Leistung vorliegt.
Das OLG Jena hat in seiner Entscheidung vom 08.01.2014, Az.: 2 O 156/13 hierzu eine Entscheidung getroffen, die künftig Beachtung finden dürfte.
In diesem Falle hatten Architekt und Auftraggeber sich zunächst entschlossen, dass der Architekt unentgeltlich „Akquiseleistungen“ erbringen sollte. Später erbrachte der Architekt jedoch zusätzlich Leistungen, die Leistungen der Leistungsphase 1-3 entsprachen, sodass man sich darauf einigte, diese nach Stundensatz zu vergüten.
Man einigte sich auch darauf, einen Architektenvertrag erst dann zu schließen, wenn die endgültige Entscheidung für das Projekt gefallen sei.
Als sich der Auftraggeber später gegen eine Realisierung des Projektes entschied, kam es nicht zum Vertragsschluss und der Architekt rechnete seine Leistungen nach den HOAI Mindestsätzen ab.
Das OLG Jena entschied nun, dass jeder, der die Dienste eines Architekten in Anspruch nimmt, zumindest stillschweigend einen Architektenvertrag abschließe.
Daher müsse man auch damit rechnen, an den Architekten eine Vergütung zu zahlen.
Dies gelte insbesondere, wenn die Leistung mit einem Arbeitsaufwand oder Kosten verbunden ist. Dies sei der Fall, weil derartige Leistungen regelmäßig nicht unentgeltlich erbracht werden.
Insoweit sei davon auszugehen, dass jeder Architekt nur für eine bestimmte Zeit bereit sein wird, unentgeltliche „Vorleistungen“ im vertragslosen Zustand zu erbringen.
Die Beantwortung der Frage, ob der Architekt werbend tätig wird, um den Auftrag zu erhalten – dann handelt es sich um eine unentgeltliche Akquisitionstätigkeit -, oder ob er bereits auf vertraglicher Grundlage eine vergütungspflichtige Tätigkeit wahrnimmt, hängt letztlich allerdings von den Umständen des jeweiligen Einzelfalls ab.
Soll – so das OLG Jena weiter – ein Architektenvertrag erst geschlossen werden, wenn eine endgültige Entscheidung über die konkrete Art des Bauvorhabens getroffen wurde, steht den Parteien frei, für die als Akquisitionstätigkeiten erbrachte Planungsleistungen ein Entgelt zu vereinbaren, das sich unterhalb der Mindestsätze der HOAI bewegt.
Eine Abrechnung nach HOAI-Mindestsätzen sei damit erst nach Abschluss eines Architektenvertrages zulässig.
Da die Parteien sich im zu entscheidenden Falle aber ausdrücklich darauf geeinigt hatten, dass es sich um eine Akquise-Tätigkeit handelt, die nach Stundensätzen vergütet wird, sei dies zulässig. Auch wenn diese Vergütung unterhalb der HOAI-Mindestsätze liege, sei die Vereinbarung verbindlich. Die Unterschreitung der HOAI-Mindestsätze sei damit ebenfalls zulässig.
Zusammenfassend wäre mit es nach vorstehender Entscheidung stets möglich, sich ausdrücklich über eine Akquisetätigkeit des Architekten oder Ingenieurs zu einigen und damit eine Unterschreitung der HOAI-Mindestsätze zulässig herbeizuführen.