Welche Rechte haben Sie als Auftraggeber?
Leider ist es in der heutigen Zeit bei der Vielzahl der am Markt tätigen Bauunternehmen und Bauträgern immer notwendiger geworden, sich als Bauherr frühzeitig für den Fall einer Insolvenz des Bauunternehmens abzusichern.
Obschon die Bauzinsen zuletzt stetig gesunken sind, die Zahl der Unternehmens- und Handwerksinsolvenzen ist im Gegenzug ständig gestiegen.
Zumindest die VOB/B sieht unter § 8 Absatz 2 zwar ein Kündigungsrecht vor, wenn der Auftragnehmer seine Zahlungen einstellt, von ihm oder zulässigerweise vom Auftraggeber oder einem anderen Gläubiger das Insolvenzverfahren beziehungsweise ein vergleichbares gesetzliches Verfahren beantragt ist, ein solches Verfahren eröffnet wird oder dessen Eröffnung mangels Masse abgelehnt wird.
Ein solches Kündigungsrecht ist aber „mit Vorsicht zu genießen“. Denn für den Fall der Kündigung ist der Kündigende im Zweifel voll darlegungs- und beweisbelastet für die vorgenannten Voraussetzungen. Dabei spielt das Wort „zulässigerweise“ die Hauptrolle. Schon mach ein Antrag für ein Insolvenzverfahren war jedoch nicht „zulässigerweise“ gestellt und der Verbraucher hat es dann erfahrungsgemäß schwer, die hierfür notwendigen Voraussetzungen im Prozess beweisen zu können. Darüber soll ein jüngeres Urteil des BGH dazu gefürhrt haben, dass alle bisher für die Praxis relevanten Fälle des § 8 Absatz 2 Nr. 1 1.-3 Alternative unwirksam sein sollen, weil sie gegen ein gesetzliches Verbot der §§ 103,119 InsO verstoßen sollen.
Im Falle des BGB-Bauvertrages sieht das Gesetz auch keine eindeutige Regelung vor.
Insoweit ist, wenn die vorstehenden Voraussetzungen nicht zweifelsfrei beweisbar sind, eher dazu zu raten, einen Bauvertrag aus anderen Gründen zu kündigen. Wenn sich eine Insolvenz anbahnt oder die selbige eingetreten ist, gehen damit meist zwangsläufig Bauverzögerungen oder nicht abgestellte Mängel einher.
Um außerordentliche Kündigungen aus anderen Gründen vorzubereiten, ist dringend dazu anzuraten, formal ordnungsgemäße Mangelanzeigen auszubringen (nicht ausreichend ist beispielsweise: „das Fenster ist mangelhaft“) und Mängel unter Fristsetzung zur Beseitigung zu verlangen. Kommt der Auftragnehmer der Pflicht zur Beseitigung des Mangels nicht nach, so ist anzuraten, dass der Auftraggeber nochmals eine angemessene Nachfrist zur Beseitigung des Mangels setzt und bei einem VOB/B Vertrag auch zugleich erklärt, dass er ihm nach fruchtlosem Ablauf der Frist den Auftrag entziehe. Sämtliche Erklärungen sollten zugangssicher und nachweisbar zugestellt werden. Auch sollte der Vertragspartner nach allgemeinen Regeln in Verzug gesetzt werden, wenn er nicht ohnehin schon Vertragsfristen überschritten hat und ebenfalls – wie vorstehend – gegebenenfalls Nachfristsetzungen ausgebracht werden.
Im Falle des fruchtlosen Ablaufes vorstehender Fristsetzungen ist angeraten, eine Kündigungsmöglichkeit vor Ausspruch der Kündigung vorsorglich anwaltlich überprüfen zu lassen. Denn der Ausspruch einer Kündigung ist stets mit Risiken versehen. Eine Kündigung wegen Mängeln kann beispielsweise schon unwirksam ein, wenn sich ein vermeintlicher Mangel als Kündigungsrund später doch als „Restleistung“ darstellt, die noch bis zur Abnahme zu erbringen war.
Im Falle der zulässigen außerordentlichen Kündigung, sind die bereits ausgeführten Leistungen zu den vereinbarten Vertragspreisen abzurechnen.
Dem Auftraggeber stehen im Übrigen wegen etwaiger kündigungsbedingter Mehrkosten Entschädigungsansprüche „nach dem Papier“ zu, die im Falle einer Insolvenz des Auftraggebers jedoch erfahrungsgemäß selten noch werthaltig sind.
Daher ist es umso wichtiger, bereits im Vorfeld einer Insolvenz, bestenfalls sogar noch im Stadium der Vertragsverhandlung die notwendigen „Sicherungsanker“ zu vereinbaren, die den Bauherren im Falle einer Insolvenz (beispielsweise durch vertragliche Sicherheiten, insbesondere Herstellungs- und Gewährleistungsbürgschaften) zusätzlich absichern.
Sollte der Vertrag bereits unterschrieben sein, ist unbedingt zu folgendem Vorgehen anzuraten:
- Bleiben Sie ruhig und unternehmen Sie nichts Unüberlegtes, wie z.B. Erteilung einer Kündigung, Erteilung eines „Baustopps“, Auswechseln von Bauschlössern oder ähnlichem. Dies kann unter Umständen ungeprüft nachteilige Rechtsfolgen haben, weil derlei Handlungen zu einer sofortigen Vertragsbeendigung führen können (zumindest Gründe hierfür schaffen) die mit vermeidbaren nachteiligen Folgen verbunden sein kann.
- Zahlen Sie keine verlangten Vorausleistungen, wenn diese nicht vertraglich und wirksam geschuldet sind (was überprüft werden sollte).
- Lassen Sie den Leistungsstand bestenfalls durch einen Sachverständigen respektive eine baubegleitende Qualitätskontrolle prüfen und dokumentieren. Lassen Sie insbesondere etwaige Mängel feststellen.
- Schaffen Sie die formalen Voraussetzungen für eine möglicherweise später vorzunehmende Kündigung wegen Mängeln oder Bauverzögerung.
- Zahlen Sie Abschlagszahlungen nur insoweit, wie die diese wirksam vereinbart wurden (was insbesondere bei Verbraucherverträgen genau zu prüfen ist). Zahlen Sie auch nur, soweit die Leistungen wirklich frei von wesentlichen Mängeln erbracht wurden und es sich auch um eine vertragsgemäß zu erbringende Leistung handelt, die durch eine nachvollziehbare Aufstellung vom Bauunternehmer nachgewiesen wurden.
- Lassen Sie prüfen, ob Sie bezüglich verlangter Abschlagszahlungen oder Schlusszahlungen ein Leistungsverweigerungsrecht wegen Mängeln geltend machen können, welches sich auf das Doppelte der für die Beseitigung der Mängel erforderliche Kosten belaufen kann und machen Sie hiervon auch gegebenenfalls nach anwaltlicher Prüfung Gebrauch.
- Zahlen Sie keine Abschlagszahlungen solange nicht bei der ersten Abschlagszahlungsrechnung gemäß § 632a Absatz 3 BGB eine Sicherheit in Höhe von 5% des Vergütungsanspruches übergeben wurde, sondern üben Sie gegebenenfalls auch so lange ein Leistungsverweigerungsrecht aus.
- Nehmen Sie die Leistung keinesfalls ohne Vorbehalt von Mängelrechten wegen bereits festgestellter Mängel ab.
- Nehmen Sie nicht ungeprüft „Aufhebungsverträge“ an, da diese Ihre Rechtsposition erfahrungsgemäß verschlechtern.
- Schließlich sollte bei vorliegenden Anhaltspunkten für eine Insolvenz auch stets geprüft werden, ob für beide Seiten wirtschaftlich sinnvolle Lösungen bestehen, das Bauvorhaben auf einem zu vereinbaren Weg gemeinsam zu Ende zu führen.
Auch der Insolvenzverwalter kann sich nach Insolvenzeröffnung für die Fortführung des Bauvorhabens entscheiden, jedoch sind diesbezüglich insbesondere bei nur teilweise vom insolventen Bauunternehmer erfülltem Vertrag dann die einzelnen Vergütungsfolgen umstritten.
Wenn sich jedoch der Insolvenzverwalter gegen eine Fortführung des Vertrages entscheiden sollte oder bereits eine zulässige außerordentliche Kündigung durch den Auftraggeber ausgesprochen wurde, wären die wechselseitigen Forderungen gegeneinander auszugleichen. Der Auftraggeber ist dabei jedoch nach neuerer Tendenz in Rechtsprechung und Literatur gehalten, seine Gegenforderungen durch entsprechende Erklärungen aufzurechnen. Hier wird er insbesondere seine Mangelbeseitigungskosten und Mehrkosten für die Fertigstellung des Bauvorhabens sowie seine etwaigen Verzugsschäden oder vereinbarte Vertragsstrafen ins Feld zu führen haben.
Die vorbezeichneten Problemlagen zeigen auf, dass eine kompetente anwaltliche Unterstützung sinnvoll sein kann.