Ab dem 1. August 2013 haben alle Kinder vom ersten Geburtstag bis zur Einschulung einen Rechtsanspruch auf einen Platz in einer Tageseinrichtung für Kinder (Kita) oder in Kindertagespflege. Auch Kinder, die noch nicht ein Jahr alt sind, können einen solchen Rechtsanspruch haben, z.B. wenn die Eltern einer Erwerbstätigkeit nachgehen oder arbeitssuchend sind. Diese Rechtsansprüche sind in § 24 SGB VIII (Kinder- und Jugendhilfe) ausdrücklich festgeschrieben.
Neu ist, dass der Kitaplatz auch für unter 3-jährige Kinder jetzt als Rechtsanspruch geregelt ist und damit eingeklagt werden kann. Die Kommunen sind damit verpflichtet, den jeweiligen Kindern und deren Eltern auf Antrag einen Kitaplatz zur Verfügung zu stellen. Aber, alle Medien verkünden es bereits, es fehlen massenhaft Plätze. Nach aktuellen Zahlen des Statistischen Bundesamtes fehlten am 1. März 2012 noch 220.000 Plätze. Und dies, obwohl das den neuen Rechtsansprüchen zugrundeliegende Kinderförderungsgesetz bereits am 10. Dezember 2008 beschlossen wurde (Gesetz zur Förderung von Kindern unter drei Jahren in Tageseinrichtungen und in Kindertagespflege = Kinderförderungsgesetz – KiföG, BGBl. I S. 2403).
Die Kommunen werden daher versuchen und tun dies auch bereits, anstelle eines von den Eltern gewünschten Platzes in einer Kita auch einen Platz bei einer Tagespflegeperson anzubieten. Ob dies rechtens ist, wird sich zeigen.
Das Verwaltungsgericht Köln hat jetzt am 18.07.2013 im Sinne der Eltern entschieden (Az. 19 L 877/13), dass Kinder, deren Eltern sich für eine Betreuung in einer Kindertageseinrichtung entschieden haben, von der Stadt nicht auf ein Angebot in der Kindertagespflege (Tagesmütter/Tagesväter) verwiesen werden können. Der gesetzliche Anspruch auf frühkindliche Förderung begründe ein Recht auf die zwei nebeneinander bestehenden Betreuungsformen der Förderung in einer Kindertageseinrichtung und der Kindertagespflege, für die sich die Eltern des Kindes alternativ entscheiden könnten. Es hat daher die Stadt Köln verpflichtet, den Kindern der Antragsteller ab dem 01.08.2013 einen Betreuungsplatz in einer wohnortnahen Kindertageseinrichtung zur Verfügung zu stellen.
In Mecklenburg-Vorpommern wird sich diese Problematik voraussichtlich nicht stellen, da hier mit der im Juni 2013 auf den Weg gebrachten Neufassung des Kindertagesförderungsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern (KiföG M-V), die dann ebenfalls am 01. August 2013 in Kraft treten soll, der Rechtsanspruch ausdrücklich mit einem entsprechenden Wahlrecht der Eltern ausgestattet ist (§ 3 Abs. 5 S. 1 KiföG M-V).
Das Gericht hat gleichzeitig zum Begriff der Wohnortnähe ausgeführt. Die Grenze der Wohnortnähe im städtischen Bereich des Kölner Stadtgebiets sei überschritten, wenn die Kindertageseinrichtung in einer Entfernung von mehr als 5 km (Wegstreckenentfernung) vom Wohnort des Kindes gelegen ist.
Diese Entscheidung ist natürlich, wenn überhaupt, nur auf den städtischen Raum übertragbar. Im ländlichen Bereich, wie ihn unser Bundesland vorwiegend aufweist, dürften andere Maßstäbe gelten. Allerdings ist sicherlich auch hier die Erreichbarkeit innerhalb einer angemessenen Zeitspanne zu gewährleisten, zumal viele Eltern hier ohnehin schon weite Wege zur Arbeitsstelle auf sich nehmen müssen.
Der Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz kann auch mit gerichtlicher Hilfe im Eilverfahren durchgesetzt werden. Insbesondere muss rechtzeitig (3 – 6 Monate im Voraus) ein Antrag bei der Kommune, in der Regel beim zuständigen Jugendamt gestellt werden.
In Mecklenburg-Vorpommern wird mit der Neufassung des Kindertagesförderungsgesetzes Mecklenburg-Vorpommern (KiföG M-V) seitens der Eltern unbedingt darauf zu achten sein, dass das Wahlrecht zwischen einem Platz in einer Kindertageseinrichtung oder in der Kindertagespflege mindestens 3 Monate vor Beginn der Kinderbetreuung bei dem örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, also beim Jugendamt, schriftlich auszuüben ist, d.h. die Eltern müssen die gewünschte Kinderbetreuung rechtzeitig schriftlich beantragen (§ 3 Abs. 5 S. 2 KiföG M-V). Einige Kommunen hierzulande, so z.B. Rostock, planen zudem die Möglichkeit der Online-Anmeldung für die verschiedenen in Frage kommenden Einrichtungen über eine vom Jugendamt betreute Internetplattform. Dies erspart den Eltern zukünftig die Anmeldung auf Wartelisten in den verschiedenen in Frage kommenden Einrichtungen.
Kann die Kommune keinen Platz anbieten, „verwandelt“ sich der Anspruch auf Bereitstellung eines Platzes in einen Kostenerstattungsanspruch: die Erziehungsberechtigten haben dann die Möglichkeit, sich die Betreuung ihres Kindes privat zu organisieren, sei es in einer privaten Kindertagesstätte oder sei es bei einer privaten Tagesbetreuung und können dann Ersatz der dafür aufgewendeten Kosten verlangen. Der Anspruch auf Kostenerstattung für einen selbst beschafften privaten Kitaplatz wurde vor kurzem durch zwei Gerichtsentscheidungen bestätigt. Diese haben den Eltern einen entsprechenden Kostenerstattungsanspruch zugesprochen, (VG Mainz, Urteil v. 10. Mai 2012 – 1 K 981/11 sowie OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 25.10.2012 – 7 A 10671/12).
Es besteht grundsätzlich auch die Möglichkeit, Verdienstausfall geltend zu machen. Wenn z.B. ein Elternteil eine Arbeitsstelle nicht antreten kann, weil kein oder kein bedarfsgerechter Platz zur Verfügung gestellt wurde, kann Schadensersatz verlangt werden. Der Schaden besteht in der Regel im Verdienstausfall, den die betreffende Person erleidet. Auch im Fall eines verspätet angetretenen Studiums oder einer verspätet angetretenen Ausbildung sind Schadensersatzansprüche denkbar. Wer Schadensersatz verlangt, muss nachweisen, dass die Tätigkeit tatsächlich hätte aufgenommen werden können und dass daraus eben ein konkreter Schaden entstanden ist. Dies kann z.B. durch ein konkretes Arbeitsplatzangebot oder ähnliches geschehen.
Das neue am 19.06.2013 vom Landtag in M-v angenommene Gesetz zur Novellierung des KiföG M-V vom 04.03.2013 kann unter diesem Link abgerufen werden.