Eckpunkte zur EEG Novelle 2014

Vorlage eines Eckpunktepapiers zur Energiewende durch Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel hat ankündigungsgemäß ein Eckpunktepapier zur Energiewende vorgelegt. Darin beschreibt er, wie das ambitionierte Vorhaben künftig gestaltet werden soll. Kernpunkt der anstehenden Änderungen ist es, die steigenden Kosten der Energiewende in den Griff zu bekommen und die kürzlich von Seiten der Europäischen Kommission geäußerte Kritik auszuräumen.

Ziele aufgeweicht

Das Eckpunktepapier sieht vor, dass der Anteil der Erneuerbaren Energien an der Stromversorgung bis 2025 auf 40 bis 45 Prozent steigen soll. Damit wird die gegenwärtige Zielvorstellung aufgeweicht. Im Moment ist gesetzlich vorgesehen, den Anteil der Erneuerbaren Energien bis 2020 auf 35 Prozent und bis 2030 auf 50 % zu erhöhen (§ 1 Abs. 2 EEG). Daraus ergibt sich rechnerisch für 2025 ein Wert von 42,5 Prozent, also der Mittelwert der nun von Gabriel genannten Spanne. In Wahrheit dürfte die flexible Zielvorgabe eine Reduzierung der bestehenden Ziele bedeuten. Angesichts der zahlreichen Herausforderungen, beispielsweise die Sicherstellung der Versorgungssicherheit, der Netzausbau und eine bessere Akzeptanzförderung, kann man die Reduzierung der Ziele aber auch als Schritt in Richtung Realität werten.

Akzeptanzförderung, Bürgerbeteiligung?

Allerdings lässt Gabriels Papier wesentliche Fragen unbeantwortet. Die Worte „Akzeptanz“ und „Bürgerbeteiligung“ tauchen in dem Papier nicht auf. Ohne dies wird ein weiterer Ausbau, der von Kritikern bereits jetzt als überzogen angesehen wird, nicht funktionieren. Im Sinne der Kostensenkung erscheint es auf den ersten Blick plausibel, wenn man die Vergütungen senken will. Tut man das aber ausgerechnet dort, wo der Strom ohnehin sehr kostengünstig produziert wird, nämlich bei windreichen Standorten an Land, dann werden damit indirekt ineffiziente Standorte gefördert. Denn eine Binnenland-Anlage wird dann für den Strom vergleichsweise mehr Vergütung erhalten als eine Anlage in Küstennähe.

Überarbeitung der Förderanreize

Da an windschwächeren Standorten der Wind oftmals nicht so beständig weht, wie an windstarken Standorten, führen die neuen Förderanreize auch zu einer Verschlimmerung der Netzprobleme. Positiv für die Netzstabilität ist, wenn die einspeisenden Anlagen grundlastfähig sind. Eine Anlage ist dann grundlastfähig, wenn sie permanent dieselbe Strommenge produzieren und damit zum Abdecken des Grundbedarfs, der so genannten Grundlast, beitragen kann. Freilich sind Windenergieanlagen dazu nicht in der Lage. Es gibt aber erhebliche Unterschiede: Während Offshore-Windenergieanlagen fast grundlastfähig sind, da sie von einer sehr beständigen Windausbeute profitieren, verfügen die meisten Windenergieanlagen an windschwachen Standorten nicht über diesen Vorteil, denn diese haben meistens eine geringere Anzahl von Volllaststunden vorzuweisen. Die Verschiebung der Förderanreize zugunsten der Windenergie an windschwachen Standorten ist daher zwar aus Sicht der im Binnenland belegenen Bundesländer durchaus nachvollziehbar aber für ein Gelingen der Energiewende falsch.

Europarecht

Zustimmung verdient hingegen das Ansinnen, die Energiewende im Einklang mit dem Europarecht zu gestalten. Denn die Kritik der EU-Kommissare Öttinger und Almunia an der nationalen Regelung ist nicht von der Hand zu weisen. Das betrifft einerseits die nationalen Befreiungen von der EEG-Umlage, die mit Blick auf verbotene Beihilfen problematisch sein können, aber auch den Aspekt, ob und inwieweit ein einzelner Mitgliedstaat in der Europäischen Union eine Energiewende umsetzen kann, ohne dies mit anderen Mitgliedstaaten abzustimmen. Der letztgenannte Aspekt hat eine ganz praktische Bedeutung, da insbesondere die benachbarten Mitgliedstaaten unmittelbar von Deutschlands Energiewende betroffen sind, namentlich dann, wenn deren Netze mit deutschem Solar- und Windstrom geflutet werden. Je nach Wetterlage können sich die Nachbarländer deshalb Situationen gegenübersehen, in denen ihre eigene Netzstabilität durch ein Überangebot von Strom gefährdet ist. So stellte beispielsweise Tschechien in Aussicht, die Leitungen nach Deutschland vorrübergehend zu kappen, um einem Blackout im eigenen Land zu entgehen. Von höchster Ebene hieß es zur Begründung, dass man, wenn man vor der Wahl stehe, einen Blackout in Europa oder einen Blackout in Europa ohne Tschechien zu haben, letzteres wählen würde. Zur ganzen Wahrheit gehört aber, dass Gabriels Vorschlag wohl in erster Linie dem Druck aus Brüssel geschuldet ist.

EEG 2014: verpasste Chancen

In dem Papier heißt es, dass sehr zeitnah eine Novellierung des EEG veranlasst werden und damit steigenden Kosten entgegengewirkt werden soll. Schnell wirkende Maßnahmen, wie beispielsweise eine Reduzierung der Stromsteuer oder der Umsatzsteuer – und sei es auch nur auf den EEG-Anteil im Strompreis – lässt das Papier aber ebenso vermissen wie Konzepte, die alle Bürger auf dem Weg zur Energiewende mitnehmen, etwa durch die Förderung intelligenter Stromzähler, die es den Endverbrauchern ermöglichen würden, selbst von den Preisschwankungen an der Strombörse zu profitieren. Diejenigen, die die Energiewende bezahlen, würden so auch einmal in den Genuss günstiger Energiepreise kommen, denn die Erneuerbaren Energien tragen erheblich dazu bei, dass die Börsenpreise für Strom in den letzten Jahren mehrfach fast auf null Euro gesunken sind. Auch beinhaltet das Papier keinerlei Ansätze für die Förderung von Speichertechnologien. Aber gerade das ist es, was bei einem weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien dringend benötigt wird. Nach der gegenwärtigen Rechtslage sieht das EEG für die Speicherung von Energie zwar eine Vergütung dergestalt vor, dass zwischengespeicherter Strom nach dem EEG-Tarif vergütet wird. Das betrifft aber nur den Strom, der aus dem Speicher in das Netz gelangt. Da die Kosten des Speichers sowie die aufgrund der Umwandlung eintretenden Verluste nicht ersetzt werden, ist die Speicherung von Strom derzeit ein reines Zuschussgeschäft und damit derzeit nur ein Feld für Idealisten. Dabei gibt es zahlreiche Möglichkeiten zur Förderung von Speichertechnologien: Naheliegend wäre gewesen, bei der Neuerrichtung von EE-Anlagen nicht bloß – wie Gabriel es tut – auf verfügbare Netzkapazitäten abzustellen, sondern Speichertechnologien zu berücksichtigen, denn diese wirken netzstabilisierend und sind damit ebenso sinnvoll, wie die Errichtung einer Anlage an einem „freien“ Netz.

2017: Umstieg auf Ausschreibungsmodell

Ob die gewünschten Effekte bei des mittelfristig (2017) einzuführen beabsichtigten Ausschreibungsmodells erreicht werden können, bleibt abzuwarten. Da solche Verfahren einen großen Verwaltungsaufwand erzeugen, erfahrungsgemäß kostspielig sind und die Akteure in erheblichem Ausmaß in Vorleistung gehen müssen, ist damit zu rechnen, dass kleinere Akteure – zu denen auch Bürgerinitiativen gehören – es künftig schwerer haben oder völlig verdrängt werden. Der Markt wird dann voraussichtlich von großen Unternehmen geprägt sein, die im Preiswettbewerb bevorzugt Großprojekte anstreben. Allerdings wird dadurch zugleich eine Verringerung der Anzahl der Marktteilnehmer bewirkt, was längerfristig die Gefahr mit sich bringt, dass die Preise nicht sinken, sondern steigen. Da ein Umstieg auf das Ausschreibungsmodell erst 2017 beabsichtigt ist, können Erfahrungen in anderen Ländern zeigen, ob dieses Modell zur Zielerreichung geeignet ist. Die bislang vorliegenden Erkenntnisse dazu stimmen nicht gerade zuversichtlich: so wurde das 1988 in England eingeführte Ausschreibungsmodell wieder abgeschafft – dort mangelte es oft an der Akzeptanz der Bevölkerung und die Ausbauziele wurden nicht erreicht, da gewonnene Projekte nicht realisiert wurden.