EEG 2014: Stiller Abschied vom Vorrang der Erneuerbaren Energien

Wegfall der Vergütung bei negativen Preisen am Spotmarkt

Mit der zum 1. August 2014 in Kraft getretenen Gesetzesnovelle des EEG sind einschneidende Änderungen verbunden. Von vielen unbemerkt und in der Fachliteratur kaum besprochen wurde die neu in das Gesetz eingeführte Regelung des § 24 EEG: Danach reduziert sich die Förderung für Anlagen, die ab dem 1. Januar 2016 in Betrieb gehen, auf null, wenn der Wert der Stundenkontrakte für die Preiszone Deutschland/Österreich am Spotmarkt der Strombörse EPEX Spot SE in Paris mindestens sechs aufeinanderfolgende Stunden negativ ist. Negative Preise kommen an der Strombörse dann vor, wenn der Strombedarf gering ist aber trotzdem viel Strom produziert wird. Am Spotmarkt kostet Strom dann kein Geld, sondern der Abnehmer erhält Geld, wenn er Strom abnimmt.

Vorfahrt für Braunkohle

Diese kurios anmutende Erscheinung tritt gerade dann vermehrt auf, wenn der Anteil erneuerbarer Energien hoch ist, denn bei sonnen- und windreichen Wetterlagen liefern EE-Anlagen in erheblichem Umfang Strom, der – bei Hinzurechnung der laufenden Kohle- und noch vorhandenen Atomkraftwerke – keine Abnehmer findet, sodass der Börsenpreis unter null gedrückt wird. Damit hat der Gesetzgeber eine tragende Säule des EEG zu Fall gebracht: Regelte das EEG bislang stets den vorrangigen Anschluss und die vorrangige Abnahme des Stroms aus erneuerbaren Energien, gilt das nach Maßgabe von § 24 EEG nun nicht mehr. Das heißt, dass unter Volllast laufende konventionelle Kraftwerke den Börsenpreis drücken und damit den Wegfall der EEG-Förderung bewirken. Freilich bewirken die Erneuerbaren den Druck auf die Preise ebenso, denn sie produzieren schließlich auch Strom, aber nach der alten Rechtslage war der Strom aus erneuerbaren Quellen vorrangig abzunehmen und konventionelle Erzeuger waren vorrangig vom Netz zu nehmen, um Platz für die Erneuerbaren zu schaffen. Das ist nun faktisch nicht mehr der Fall. Der Gesetzgeber bezeichnet das Gesetz konsequenterweise auch nicht mehr als „Gesetz über den Vorrang …“, sondern als „… über den Ausbau erneuerbarer Energien“. Der angesichts der Tragweite dieser Änderung zu erwartende Aufschrei der Empörung der Befürworter der Erneuerbaren Energien blieb aus. Stattdessen wurde bis zuletzt vehement über Stichtagsregelungen und Eigenverbrauchsprivilegien gestritten. Möglicherweise lag die unheimliche Stille daran, dass die Regelung erst auf den letzten Metern in das Gesetz gelangt ist (im Referentenentenentwurf aus März 2014 war die Regelung nicht enthalten).

Planungssicherheit gefährdet

Die Produktion von Strom bei negativen Preisen nicht zu fördern, ist im Grunde ein richtiger Ansatz. Damit wollte die Bundesregierung den Beihilferichtlinien der Europäischen Kommission gerecht werden, die forderte, dass die Förderung erneuerbarer Energien keinen Anreiz zur Stromproduktion geben soll, wenn die Preise negativ sind (Amtsblatt EU 2014/C 200/01, 3.3.2.1 Buchstabe c, Rn. 124). Der Ansatz geht aber allein zu Lasten der Erneuerbaren Energien. EE-Projekte verlieren damit in erheblichem Ausmaß Planungssicherheit, denn sie werden in der Regel fremdfinanziert. Künftig werden sich daher auch Finanzierer mit der Frage auseinandersetzen müssen, wie die Ungewissheit einzupreisen ist und ob EE-Anlagen unter diesen Umständen für mehrere Jahre finanzierbar sind.

Die Regelung des § 24 EEG ist aber auch aus weiteren Gründen zu kritisieren: Die Bestimmung der Negativpreise erfolgt anhand des Wertes der Stundenkontrakte für die Preiszone Deutschland/Österreich am Spotmarkt der Strombörse EPEX Spot SE in Paris und damit anhand der Preise im Vortagshandel (auch „day ahead“-Handel oder Auktionsmarkt genannt). Bei diesem Vortagshandel sind bis 12 Uhr die Gebote für den folgenden Tag abzugeben. Übersteigt das Angebot die Nachfrage, kann es sein, dass die Preise im Vortagshandel negativ werden. Allerdings beginnt ab 15 Uhr der so genannte Intraday-Handel für den Folgetag. So kann es sein, dass im Vortagshandel nicht verkaufter Strom im Intraday-Handel gewinnbringend verkauft wird. Das EEG knüpft in § 24 aber allein an den Vortagshandel an und lässt die Förderung auch dann entfallen, wenn im Intraday-Handel gar keine negativen Preise zu verzeichnen waren, das heißt, dass für produzierten Strom keine Förderung gezahlt wird, obgleich dieser Strom gegen Geld verkauft worden ist. Auch im umgekehrten Fall ist die Regelung nicht ausgewogen, denn es kann der Fall eintreten, dass im Intraday-Handel negative Preise auftreten aber im Vortagshandel nicht. In diesem Fall wird die Förderung gleichwohl gezahlt.

Voraussichtlich wird die Diskussion über diese Regelung Fahrt aufnehmen, wenn die sechs-Stunden Ereignisse vermehrt auftreten, was bei einem weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien sicher bald der Fall ist.