Energierecht: Energiewende 2014: Ein Schritt voran, zwei Schritte zurück

Vortrag auf dem e.n.o. Windenergie-Forum 2014

Anlässlich des vom WEA Hersteller e.n.o. energy am 8. August 2014 veranstalteten Windenergie-Forums 2014 berichtete Dr. Mahlke auf Bitte des WindEnergy Network über den Stand der Energiewende im Jahr 2014 sowie über die Stimmung in der Branche und Zukunftsaussichten. Der Impulsvortrag eröffnete das Forum Finanzen und befasste sich mit Fragen der Bürgerbeteiligung, dem EEG 2014 sowie den Rahmen für den weiteren Ausbau der Erneuerbaren Energien. Nach einer einführenden Darstellung zu den bereits existierenden Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung, sei es unmittelbar oder mittelbar, etwa im Rahmen von Erörterungsterminen in BImSchG-Verfahren oder UVP-Verfahren sowie der Beauftragung lokaler Unternehmen, wurden aktuelle Ansätze zur Förderung der Beteiligung im Rahmen der Raumordnung dargestellt.

Bürgerbeteiligung in der Raumordnung?

Dazu wurde zunächst ein Einblick in die Materie gewährt, indem die Begriffe Ziele und Grundsätze der Raumordnung sowie Zwecke, Funktionsweise und Wirkung der Raumordnung erläutert wurden. Sodann wurde das im Entwurf des Landesraumentwicklungsprogramms M-V vorgesehene Ziel der Raumordnung vorgestellt, welches vorsieht, Bürgern und Gemeinden die Möglichkeit zu geben, sich wirtschaftlich an neu zu errichtenden Windenergieanlagen zu beteiligen (Stand 1. Entwurf, Juni 2014). Diesem Ziel folgen bereits die in der Fortschreibung befindlichen regionalen Raumordnungsprogramme, deren Entwurfsregelungen indessen noch viele Fragen offen lassen. Bei aller Begeisterung für das politische Ziel, die Menschen besser teilhaben zu lassen, darf nicht vergessen werden, dass erhebliche verwaltungsrechtliche Bedenken bestehen, ob die Bürgerbeteiligung in dieser Form überhaupt Ziel der Raumordnung sein kann. Angesichts der gesetzlichen Definitionen dürften die Festlegungen nämlich als Grundsätze der Raumordnung zu qualifizieren sein.

Bürgerbeteiligungsgesetz M-V

Neben dem Versuch, eine verpflichtende Bürgerbeteiligung im Raumordnungsrecht zu etablieren, plant die Landesregierung Mecklenburg-Vorpommerns gegenwärtig ein Bürgerbeteiligungsgesetz. Ein Entwurf soll bereits vorliegen, wird indessen ebenso wie mehrere Gutachten bis auf weiteres unter Verschluss gehalten. Mit dem Bürgerbeteiligungsgesetz soll dem Vernehmen nach die Grundlage geschaffen werden für eine flächendeckende Beteiligungsmöglichkeit der Menschen an Windenergieprojekten. Namentlich sollen Bürger, Unternehmen und auch Gemeinden die Gelegenheit erhalten, Anteile an neu realisierten Projekten zu erwerben. Details sind offen. Wenn man sich an einem durch die SPD Fraktion des Landtages M-V bei Professor Dr. Martin Kment (Universität Augsburg) in Auftrag gegebenen Gutachten orientiert, könnte das Bürgerbeteiligungsgesetz ein sprichwörtliches Pulverfass werden, denn heikle Fragen sind nicht geklärt, zu nennen sind folgende Stichworte: allgemeine unternehmerische Risiken, Verhältnis zu KAGB, kommunalrechtliche Zulässigkeit (KV M-V), Preiskontrolle, Datenschutzrecht, nachträglich auftretende Risiken sowie ganz grundlegend die Gesetzgebungskompetenz, die Liste ließe sich weiter fortsetzen. Es ist zu befürchten, dass das Bürgerbeteiligungsgesetz genauso wie die raumordnungsrechtlichen Ansätze an einem Geburtsfehler leidet, denn die Beteiligung an EE-Projekten kann eben nicht behandelt werden wie die Verteilung eines Kuchens. Freilich kann man wirtschaftliche Risiken mit Wirtschaftsprüfertestate abmildern. Aber Wirtschaftsprüfer können nachträglich eintretende Umstände, die sich auf die Wirtschaftlichkeit auswirken, nicht vorhersehen (z. B. nachträgliche naturschutzrechtliche Betriebsbeschränkungen aufgrund Vogel- oder Fledermausschutzes).

EEG und EU

Zum Ende des Impulsvortrags wurden die im Zuge der EEG-Reform insbesondere zwischen der Kommission und der Bundesregierung verhandelten Kompromisse und deren voraussichtliche Auswirkungen dargestellt. Zu nennen sind dazu die Begriffe Importstrom, Industrierabatte und Grünstromprivileg. Anlass zur Sorge gibt die für künftige Projekte vorgesehene bzw. geplante allgemeine Ausschreibung, denn es ist zu befürchten, dass damit eine erhebliche Verkleinerung des Kreises der Akteure verbunden ist. Ob Ausschreibungen bei nur wenigen Akteuren am Markt wirklich zu einer Kostenersparnis führen, darf bezweifelt werden, zumal eine Bürgerbeteiligung dann noch schwieriger umzusetzen sein wird als ohnehin schon. Erfahrungen aus Ländern, in denen Ausschreibungen bereits durchgeführt wurden, traten die beabsichtigten Effekte jedenfalls nicht ein (Großbritannien).

„10 H“-Klausel, atmender Deckel, Direktvermarktung

Schließlich wurden die so genannte „10 H“-Klausel, der atmende Deckel und die künftig zwingende Direktvermarktung besprochen.