Fragen und Antworten zur Ausschreibung nach dem EEG 2017, Formulare & Checkliste, Angabe des Standorts, Name der Genehmigungsbehörde, Sanktionen, Standortgebundenheit des Vorhabens der Bürgerenergiegesellschaft

Der erste Ausschreibungstermin für Windenergieanlagen an Land, 1. Mai 2017, steht an und die amtlichen Formulare sind veröffentlicht worden. Nachstehend werden Fragen zur Ausschreibung behandelt. Einige Fragen lassen sich anhand des Gesetzes beantworten. Es gibt aber auch Zweifelsfragen, zu denen weder das Gesetz noch die Begründung zum Regierungsentwurf aufschlussreich sind. Die Fragestellungen werden nachfolgend dargestellt und nach dem gegenwärtigen Stand beantwortet. Soweit Stellungnahmen der Bundesnetzagentur (BNetzA) vorliegen, ist dies nachfolgend gekennzeichnet durch „BNetzA:“.

Das Formular für die Abgabe des Gebots sieht die Angabe des Namens der Genehmigungsbehörde vor. Sofern der Bieter hier eine nichtamtliche Abkürzung verwendet, dürfte es sich um eine unzutreffende Angabe handeln. Ebenso ist der Name unzutreffend angegeben, wenn lediglich die ersten 32 Zeichen des Namens eingegeben werden. Wie ist im Gebotsformular die Genehmigungsbehörde anzugeben, wenn die dafür vorgesehenen 32 Zeichen nicht ausreichen? Beispiel: „Staatliches Amt für Umwelt und Landwirtschaft Mecklenburgische Seenplatte“ = 73 Zeichen. Kann hier eine Abkürzung verwendet werden, z. B. StALU MS, obgleich dies keine amtliche Abkürzung ist?

BNetzA: „Sofern die Zeichen nicht ausreichen, müssen entsprechende Abkürzungen gewählt werden.“

Es ist unklar, was unter „Standort“ im Sinne der Ausschreibung zu verstehen ist, da zum genehmigten Standort im Sinne des BImSchG sämtliche Gegenstände der Genehmigung gehören, d.h. auch Zuwegungen, Kabeltrassen und dergleichen und bei isoliert bauplanungsrechtlicher Betrachtung die vom Rotor überstrichene Fläche (vgl. zur Einhaltung von Baugrenzen: BVerwG, Urteil vom 21.10.2004 – 4 C 3/04). Wie ist im Gebotsformular der „Standort“ anzugeben? Zählen dazu auch Flächen, die der Rotor überschwebt, Abstandsflächen und Zuwegungen?

BNetzA: „Es genügt hier die Angabe der Fläche, auf der das Fundament der Anlage errichtet wird.“

Welche Sanktion droht einer Bürgerenergiegesellschaft, wenn sie die gesetzlichen Anforderungen nicht oder nicht durchgängig erfüllt?

BNetzA: „Wenn im Gebot falsche Angaben gemacht worden sind, etwa wenn ein Gebot als ein solches von einer Bürgerenergiegesellschaft abgegeben wurde, es allerdings nicht von einer Bürgerenergiegesellschaft kam, oder wenn gegen die Wirksamkeitsvoraussetzungen hinsichtlich der Höchstzahl an Zuschlägen oder eingereichten Geboten verstoßen wurde, stimmen die abgegebenen Eigenerklärungen nicht. Das Gebot wird nicht zugelassen. Für den Fall, dass bereits ein Zuschlag erteilt wurde, wird der der Zuschlag zurückgenommen und damit entwertet. Dadurch wird eine Strafzahlung an den Übertragungsnetzbetreiber fällig. Für die Inanspruchnahme des Privilegs eines Zuschlags nach dem Einheitspreisverfahren, müssen die Voraussetzungen für eine Bürgerenergiegesellschaft nach der Zuschlagserteilung bis zum zweiten Jahr, das der Inbetriebnahme folgt, bestehen bleiben. Andernfalls reduziert sich der anzulegende Wert auf den Gebotswert.“ [sic]

Anmerkung: Die BNetzA unterscheidet offenbar zwischen anfänglichen Mängeln, die zur Versagung bzw. zur Rücknahme des Zuschlags führen können und später auftretenden Mängeln, die ein Zurückfallen auf den Gebotswert nach sich ziehen (§ 36g Absatz 5 Satz 4 EEG 2017). Nach der Interpretation der BNetzA schließt die EEG-Regelung im Hinblick auf die Fehler die Anwendung von §§ 48 f. VwVfG nicht aus. Das hat zur Konsequenz, dass ein Verstoß gegen die Anforderungen von § 3 Nr. 15 lit. b EEG 2017 (Hauptwohnsitz im Landkreis seit mindestens einem Jahr) die Rücknahme des Zuschlags (§ 48 VwVfG) nach sich ziehen kann, wohingegen das Eintreten eines solchen Verstoßes nach erteiltem Zuschlag (z. B. Wohnsitzverlegung) lediglich ein Zurückfallen auf den Gebotswert zur Folge hat. Weitergehend können falsche Angaben, gleichviel ob vorsätzlich oder fahrlässig, zum Ausschluss von Bietern bei nachfolgenden Ausschreibungsterminen führen.

Kann eine Bürgerenergiegesellschaft den ihr in Bezug auf ein Windgutachten und einen Flächennachweis insoweit standortbezogen erteilten Zuschlag frei einem anderen Standort im Landkreis mittels Zuordnungsentscheidung zuordnen lassen oder muss sie eine Abweichung vom Standort gemäß Windgutachten und Flächennachweis begründen (z. B. Standortverschiebung aufgrund von naturschutzrechtlichen Erfordernissen)?

BNetzA: „Nein, die Standorte sind frei im Landkreis wählbar.“

Anmerkung: Gesetzlich bestimmt ist die Standortbindung bezogen auf den Landkreis (§ 36g Absatz 3 Satz 1 EEG 2017). Die Bürgerenergiegesellschaft muss indessen ihr Gebot bezogen auf ein naturgemäß standortbezogenes Windgutachten abgegeben und nachweisen, dass sie über die Flächen verfügt (§ 36g Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 lit c EEG 2017). Nach Auffassung der BNetzA hat die Bürgerenergiegesellschaft anlässlich der Zuordnungsentscheidung nach § 36g Absatz 3 Satz 2 EEG 2017 freie Standortwahl im Landkreis.

Anknüpfend an die vorstehende Frage: Welche Bedeutung kommt dem durch die Bürgerenergiegesellschaft vorzulegenden Windgutachten und dem Flächennachweis zu? Da eine Verknüpfung zur Zuordnungsentscheidung nicht besteht, kommt den Angaben im weiteren Verfahren keine Bedeutung zu. Es kann daher anlässlich der Gebotsabgabe „irgendein“ Windgutachten nebst Flächennachweis vorgelegt werden.

Im Gesetz ist als Voraussetzung für die Privilegierung der Bürgerenergiegesellschaft vorgesehen, dass die Bürgerenergiegesellschaft, eines ihrer stimmberechtigten Mitglieder oder als stimmberechtigtes Mitglied einer anderen Gesellschaft keine (weiteren) Gebote im gleichen Gebotstermin abgegeben hat, die in Summe 18 MW überschreiten (§ 36g Abs. 1 Nr. 3 lit b bb EEG 2017). Sind mit der „anderen Gesellschaft“ nur Bürgerenergiegesellschaften oder jedwede Gesellschaften gemeint?

BNetzA: „Jede andere Gesellschaft“.

Anmerkung: Diese Interpretation überrascht. Ein klares Ergebnis ist aus dem Gesetzeswortlaut nicht zu ermitteln, denn das EEG 2017 verwendet die Begriffe „Bürgerenergiegesellschaft“ und „Gesellschaft“ synonym, sodass nicht erkennbar ist, ob die Verwendung des Begriffs „Gesellschaft“ jedwede Gesellschaft oder eine Bürgerenergiegesellschaft bezeichnen soll (vgl. § 36g Absatz 5 Satz 4 EEG 2017). Sinn und Zweck der Regelung sprechen indessen dafür, dass es sich bei der „anderen Gesellschaft“ um eine Bürgerenergiegesellschaft handeln soll, denn durch die Einschränkung soll die mehrfache Anwendung der Privilegien der Bürgerenergiegesellschaften vermieden werden. Diese Gefahr droht nicht, wenn außerhalb einer Bürgerenergiegesellschaft nichtprivilegierte Gebote abgegeben werden. Die BNetzA vertritt dazu jedoch eine andere Auffassung. Es bleibt also dabei, dass vorsorglich davon auszugehen ist, dass jedwede andere Gesellschaft gemeint ist. 

Im Gesetz ist als Voraussetzung für die Privilegierung der Bürgerenergiegesellschaft vorgesehen, dass die Bürgerenergiegesellschaft, eines ihrer stimmberechtigten Mitglieder oder als stimmberechtigtes Mitglied einer anderen Gesellschaft keinen Zuschlag innerhalb der letzten 12 Monate vor Gebotsabgabe erhalten hat. a) Gilt hier für „andere Gesellschaft“ dasselbe wie zu der vorstehenden Frage? b) Was ist hier mit „Zuschlag“ gemeint: der Zuschlag oder die Zuordnungsentscheidung?

BNetzA zu a): „Jede andere Gesellschaft.“

BNetzA zu b): „Zuschlag. Die Zuordnungsentscheidung erfolgt ausweislich § 36g Abs. 3 EEG nach der Zuschlagserteilung. Die Zuordnung selbst ist kein Zuschlag, sondern eine Zuordnung.“

Anmerkung: Das Gesetz unterscheidet zwischen einem die Rechtswirkungen des § 22 Absatz 2 Satz 2 EEG 2017 erfüllenden Zuschlag (§ 36g Absatz 3 Satz 5 EEG 2017), welcher eine Zuordnungsentscheidung voraussetzt, und einem Zuschlag, der bereits vor Erteilung der Zuordnungsentscheidung vorliegt (vgl. § 36g Absatz 3 Satz 1 EEG 2017). Nach Auffassung der BNetzA kommt es für den „Zuschlag“ nach § 36g Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 lit b aa EEG 2017 nicht auf die Zuordnungsentscheidung an.

Gebote können ausgeschlossen werden, wenn mit anderen Bietern Absprachen über Gebotswerte in dieser oder einer vorangegangenen Ausschreibung abgegebenen Gebote getroffen wurden. Es ist lebensfremd anzunehmen, dass sich Unternehmen desselben Unternehmensverbunds nicht absprechen. Problematisch ist hier auch die Identität von handelnden Personen, z. B. als Geschäftsführer mehrerer Gesellschaften. Können ohne Verstoß gegen § 34 EEG 2017 Gebote von Bietern abgegeben werden, deren Geschäftsführer identisch ist?

BNetzA: „Grundsätzlich ist ein solches Vorgehen möglich. Ausschlüsse wegen Preisabsprachen werden nicht gemacht, wenn es sich um normales Geschäftsgebaren handelt.“

Sind die von Bürgerenergiegesellschaften gebotenen Mengen in die Ausschreibungsmenge (800/258 MW) einzubeziehen?

Ja. Es ist im EEG 2017 keine Sonderregelung vorgesehen, die Bürgerenergiegesellschaften von der Mengensteuerung (§ 4 EEG 2017) ausnimmt. Es mag irritieren, dass die Europäische Kommission Vorhaben im Umfang von jeweils bis zu 18 MW installierter Leistung bzw. bis zu sechs Windenergieanlagen für beihilferechtlich unproblematisch gehalten hat (Leitlinien für Umwelt und Energiebeihilfen 2014-2020) und dass damit im Gesetzgebungsverfahren argumentiert worden ist. Die Bundesregierung lehnte die Anwendung dieses Ausnahmetatbestands jedoch ab, da sie dadurch das Ausschreibungssystem gefährdet sah.

Erhalten Bürgerenergiegesellschaften auch dann einen Zuschlag in Höhe des höchsten noch bezuschlagten Gebotes, wenn ihr Gebot über dem höchsten noch bezuschlagten Gebot liegt?

Nein. Zwar kommt Bürgerenergiegesellschaften das Privileg zugute, dass sie den Gebotswert des höchsten noch bezuschlagten Gebots erhalten. § 36g Absatz 1 Satz 1 EEG 2017 umfasst indessen nur „bezuschlagte“ Gebote von Bürgerenergiegesellschaften. Bezuschlagt wird nach Maßgabe von § 32 EEG 2017. Diese Vorschrift gilt für alle Gebote gleichermaßen und lässt Gebote unberücksichtigt, die über dem die Schwelle (800 MW bzw. 258 MW) überschreitenden Gebot liegen.

Wird das erstmals die Schwelle von 800 MW, oder 258 MW im Netzausbaugebiet, überschreitende Gebot vollen Umfangs berücksichtigt?

Ja. Bezüglich der gesamten Ausschreibungsmenge (800 WM) ergibt sich das aus § 32 Absatz 1 Satz 4 EEG 2017. Bezüglich der auf das Netzausbaugebiet entfallenden Ausschreibungsmenge (258 MW) ergibt sich dies aus § 36c Absatz 5 Satz 1 EEG 2017.

Die Sicherheitsleistung und die Gebühr sollen nach Maßgabe der von der BNetzA herausgegebenen Checkliste (Stand 9. März 2017), sofern nicht von der Sicherheitsleistung durch Bürgschaft Gebrauch gemacht wird, „nach Möglichkeit“ in einer Summe bezahlt werden, wohingegen es an anderer Stelle in der Checkliste heißt „… die Summe ist zusammen mit der Sicherheit zu überweisen“. Muss die Zahlung in einer Summe geleistet werden?

Die Checkliste der BNetzA ist an dieser Stelle widersprüchlich. Zweck der Zahlung in einer Summe ist wohl die Reduzierung des Verwaltungsaufwands, da weniger Zahlungen weniger Buchungs- und Zuordnungsvorgänge veranlassen. Das Ausschreibungsverfahren ist streng formalisiert. Bereits kleine Fehler können den Ausschluss des Gebots zur Folge haben. Maßgeblich für die Anforderungen sind das Gesetz (EEG 2017, Ausschreibungsgebührenverordnung – AusGebV) und die amtlichen Formulare („Gebot für Windenergieanlagen an Land – Version 08.03.2017). Wenngleich sich aus dem Gesetz ein Erfordernis der Zahlung in einer Summe nicht ergibt, heißt es im Formular unter 5.3 „Überweisung zusammen mit der Gebühr“ und dort unter „Hinweis“: „Falls die Sicherheit durch eine Zahlung gestellt wird, ist sie zusammen mit der Gebühr zu überweisen (eine Zahlung pro Gebot).“. Es ist daher dazu zu raten, Vorgaben genau zu befolgen, d.h. die Summe ist in einer Summe zu leisten.

In der Checkliste der BNetzA (Stand 9. März 2017) wird in Bezug auf Zahlungen unter Nummer 2 ausgeführt, dass die Erstsicherheit auch durch das Stellen einer Bürgschaft in der entsprechenden Höhe geleistet werden kann und dass dann eine Überweisung nicht notwendig ist. Was ist hier mit Erstsicherheit gemeint?

Die Verwendung des Begriffs „Erstsicherheit“ in der Checkliste scheint ein redaktionelles Versehen zu sein, gemeint ist wohl „Sicherheit“. Grund: eine Aufteilung in Erst- und Zweitsicherheit existiert bei der Ausschreibung für Windenergieanlagen an Land, außer bei den Bürgerenergiegesellschaften, nicht. Und bei den Bürgerenergiegesellschaften können sowohl die Erst- als auch die Zweitsicherheit durch Bürgschaft gestellt werden. Wahrscheinlich wurde die Checkliste aus der Photovoltaik-Ausschreibung, welche eine Unterteilung in Erst- und Zweitsicherheit vorsieht, übernommen und unzureichend angepasst. Ein ähnlicher Fehler ist dem Bearbeiter der Formulare übrigens auch im Formular „Tausch der Sicherheit“ unterlaufen, wenn darin von der Überweisung der „Zweitsicherheit“ (dort unter 2.1) die Rede ist. Im Falle eines Austausches der Sicherheitsleistung ist selbstverständlich nicht bloß die Zweitsicherheit (die es überhaupt nur bei der Bürgerenergiegesellschaft gibt) zu erstatten, sondern die gesamte Sicherheit.

Zu beachten ist Folgendes:

Die Bundesnetzagentur beantwortet Fragen per einfacher E-Mail, die vorstehenden Fragen wurden, soweit die BNetzA zitiert wird, mit E-Mails vom 14. und 15. März 2017 beantwortet (BNetzA, Referat 605). Wenngleich eine Beantwortung von Anfragen per E-Mail schnell, unkompliziert und praktikabel ist, ist zu vergegenwärtigen, dass auf diesem Wege erteilte Auskünfte keine verbindlichen Zusagen im Sinne des Verwaltungsrechts sind, denn nach § 38 Absatz 1 VwVfG bedarf eine verbindliche Zusage der Schriftform. Ohne qualifizierte elektronische Signatur gesandte E-Mails (Textform) erfüllen die Schriftform nicht. Das bedeutet, dass die Bundesnetzagentur an die gegebenen Antworten formal nicht gebunden ist und dass sie im Laufe des Verfahrens durchaus ihre Auffassung ändern kann. Ohne Rücksicht auf die Form kann im Rahmen der Verwaltungspraxis der Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 3 GG) zu einer Selbstbindung der Verwaltung führen, indem die BNetzA gehalten ist, gleich gelagerte Fälle gleich zu behandeln. Die Selbstbindung der Verwaltung gilt indessen nicht bei rechtswidrigem Verwaltungshandeln, denn Art. 3 GG begründet keinen Anspruch auf Gleichbehandlung im Unrecht. Außerdem gibt es bei der Ausschreibung von Windenergie an Land derzeit (März 2017) noch keine Verwaltungspraxis. Unabhängig davon wäre es wünschenswert, wenn die Bundesnetzagentur sämtliche Fragen und Antworten veröffentlicht, damit alle Bieter denselben Stand erhalten und gegebenenfalls erkennen können, wenn die Bundesnetzagentur ihre Auffassung ändert oder konkretisiert.