Raumordnungsrecht: VG Greifswald: Weg frei für Atommüll-Endlager in Lubmin?

Das Verwaltungsgericht Schwerin hat mit Urteil vom 27. November 2014 entschieden, dass der Betreibergesellschaft des Atommülllager in Lubmin, EWN Energiewerke Nord, eine Genehmigung zur Lagerung von Atommüll ohne die zuvor vorgesehene Befristung auf fünf Jahre zu erteilen ist (Az. 5 A 397/11 – nicht rechtskräftig). Darüber hinaus darf EWN künftig auch Atommüll lagern, der aus anderen Anlagen als den vormaligen Atomkraftwerken Lubmin und Rheinsberg stammt. Die Entscheidung ist zwar kein Durchbruch in Sachen Endlagerfrage, kann aber sehr wohl als Weichenstellung für eine oberirdische Endlagerung von Atommüll verstanden werden. Bislang war klar, dass atomare Abfälle nicht länger als fünf Jahre im Zwischenlager Nord (ZLN) in Lubmin gelagert werden dürfen. Der Wegfall dieser Beschränkung führt aber faktisch dazu, dass einer dauerhaften Ablagerung des Mülls in Lubmin nichts mehr im Wege steht (unter Lagerung die vorübergehende und unter Ablagerung die dauerhafte Aufbewahrung zu verstehen). Verwaltungsrechtlich handelt es sich zwar immer noch nicht um ein „Endlager“, da Genehmigungen zur Lagerung von Atommüll keine längere Lagerzeit als 40 Jahre vorsehen sollen (§ 6 Absatz 5 Satz 1 AtomG). Jedoch darf die Genehmigung nach geltendem Verwaltungsrecht verlängert werden, wenn unabweisbare Gründe vorliegen (wie vor Satz 2). Unabweisbar dürfte die Verlängerung sein, wenn nach 40 Jahren immer noch kein Endlager gefunden ist und andere, gegebenenfalls bessere und sicherere, Lagermöglichkeiten nicht zur Verfügung stehen. Als Endlager darf man das ZLN rechtlich nicht bezeichnen, allerdings besteht für die Lagerung über 40 Jahre nun verwaltungsrechtliche Planungssicherheit. Wenn diese Zeit abgelaufen ist, wird man schauen. Angesichts der gegenwärtigen Endlagerdiskussion erscheinen die Chancen für eine Verlängerung der Genehmigung gut. Ob in 40 Jahren eine Erkundung von Schacht Konrad abgeschlossen ist und mit welchem Ergebnis und ob die Asse bis dahin erfolgreich saniert worden ist, darf bezweifelt werden. Dann liegt es doch nahe, den Müll für weitere 40 Jahre im ZLN zu lagern, oder gar für immer? Wir bzw. unsere Nachkommen werden es sehen. Bei mittelradioaktivem Abfall (10 hoch 10 bis 10 hoch 15 Bq je m³) beträgt die Halbwertzeit – also die Dauer, in der sich die Strahlung halbiert – immerhin wenigstens einige hundert bis tausend Jahre. Dass damit in einer strukturschwachen Region Arbeitsplätze geschaffen werden, ist nicht von der Hand zu weisen.

Änderung Raumordnungsprogramm

Bei der Änderung des regionalen Raumordnungsprogramms durch die Landesregierung M-V handelt es sich wohl um einen verzweifelten Versuch, das Schlimmste zu verhindern. Leider war dieser Versuch raumordnungsrechtlich zum Scheitern verurteilt. Im Raumordnungsprogramm war vorgesehen, dass im ZLN vorrangig Müll aus den vormaligen Atomkraftwerken Lubmin und Rheinsberg gelagert werden dürfe. Die Landesregierung machte aus dem Wort „vorrangig“ kurzerhand „ausschließlich“. Wenig überraschend kam das Verwaltungsgericht Greifswald, das das Verwaltungsrecht zutreffend angewendet hat, nun zu dem Ergebnis, dass der Landesregierung die Kompetenz dazu fehlte. Und das zu Recht: Nach § 9 Absatz 5 LPlG M-V steht der Landesregierung das Recht zu, die RROP dahingehend prüfen, ob sie gegen höherrangiges Recht verstoßen oder ob sie sich in die räumliche Entwicklung des Landes einfügen. Die Landesregierung hat aber gerade nicht freie Hand, die RROP beliebig zu ändern.