Rechtliche Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung

Vortrag auf der “7. internationalen Konferenz für nachhaltige Regionalentwicklung durch Nutzung erneuerbarer Energien – Bio-Energiedörfer, -regionen”

Auf Einladung der Solar Initiative Mecklenburg-Vorpommern e.V. (SIMV e.V.) referierte Dr. Mahlke am 7. Oktober 2013 auf der „7. Internationalen Konferenz für nachhaltige Regionalentwicklung durch Nutzung erneuerbarer Energien – Bio-Energiedörfer, -regionen“ zu den rechtlichen Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung.

Nach der Vorstellung der Kanzlei und einer kurzen Einführung in die Ziele der Energiewende wurden zunächst Formen der Beteiligung vorgestellt. Angesichts des in Deutschland bereits erreichten Anteils von etwa 23 Prozent erneuerbarer Energien, in der Region M-V sogar 52 Prozent, ist ein Erreichen der gesetzlichen Ziele der Energiewende nur dann realistisch, wenn eine Steigerung der Akzeptanz erreicht werden kann, und zwar bei denjenigen, die von den Auswirkungen der Anlagen zu Erzeugung erneuerbarer Energien betroffen sind. Das gilt gleichermaßen für Windenergie- wie auch für Photovoltaik-Anlagen.

Beteiligungsmöglichkeiten bestehen zunächst auf der Ebene der Regionalplanung. Im Rahmen der Fortschreibung der regionalen Raumordnungsprogramme (RROP) können sich Gemeinden und Bürger einbringen und so die Ansiedlungsmöglichkeiten steuern. Von den Mitwirkungsmöglichkeiten wird indessen leider zu wenig Gebrauch gemacht. Insbesondere Gemeinden nutzen die Steuerungsmöglichkeiten oft nur unzureichend. Beteiligung findet außerdem im Verfahren zum Erlass einer Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) statt, sofern das Verfahren als Regelverfahren mit Öffentlichkeitsbeteiligung ausgestaltet ist. Das ist bei dem so genannten vereinfachten Verfahren nicht der Fall. Ob ein Vorhaben als vereinfachtes Verfahren oder als Regelverfahren durchgeführt wird, richtet sich beispielsweise bei der Windenergie nach der Anzahl und Größe der Windenergieanlagen. Erfahrungsgemäß findet jedoch bei der Öffentlichkeitsbeteiligung im Rahmen des Genehmigungsverfahrens keine Beteiligung im Sinne einer wirklichen Einbindung der Bürger statt, sondern diese beinhaltet vielmehr die Möglichkeit, Kritik an dem jeweiligen Vorhaben zu üben oder Anregungen zu geben. Zweifels ohne ist darin ein wichtiger Aspekt zur Beteiligung zu sehen. Er bietet den Menschen indessen keine Möglichkeit der materiellen Partizipation. Anders sieht das bei der Gewerbesteuer aus, die – wenn die Projektgesellschaft ihren Sitz in der Gemeinde hat – zu 100 Prozent bei der Gemeinde bleibt und beim Sponsoring und bei Stiftungen. Investoren und Betreiber von Vorhaben können beispielsweise Sportanlagen oder Kindergärten renovieren oder errichten und Dorffeste ausrichten oder unterstützen.

Bürgerbeteiligung kann bei der Errichtung und dem Betrieb von Vorhaben stattfinden. Durch die vorrangige Beauftragung von lokalen Unternehmen und Dienstleistern werden Arbeitsplätze gesichert oder sogar geschaffen. Zu berücksichtigen ist indessen, dass nicht alle Arbeiten tatsächlich auch von lokalen Unternehmen ausgeführt werden können, nur beispielhaft sind hier spezielle Arbeiten oder Spezialkrane zu nennen oder auf Anlagentypen spezialisierte Montagetrupps, die schlichtweg nicht von der lokalen Bevölkerung gestellt werden können. Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung bestehen indessen auch bei der Standortsicherung, namentlich bei dem Abschluss von Verträgen zur Sicherung des Vorhabenstandorts, von Abstandsflächen, Kabeltrassen und Wegen. Mit einem Pachtvertrag beziehungsweise Nutzungsvertrag oder Gestattungsvertrag können die notwendigen Rechte beschafft werden, gegen Entgelt versteht sich. Hinzu kommen Möglichkeiten der finanziellen und gesellschaftsrechtlichen Beteiligung. Beide Formen erlauben ein direktes oder indirektes Engagement. Als direkte gesellschaftsrechtliche Form der Bürgerbeteiligung haben sich in der Vergangenheit die Genossenschaft sowie die GmbH & Co. KG herausgebildet.

Besonderheiten sind bei einem Engagement von Gemeinden zu berücksichtigen: Beim Abschluss von Verträgen zur Nutzung von Grundstücken (Pachtvertrag, Nutzungsvertrag, Gestattungsvertrag) öder öffentlich-rechtlichen Verträgen sollte darauf geachtet werden, dass keine Investitionsverpflichtung für den Pächter beziehungsweise den Nutzer formuliert wird. Freilich hat die Gemeinde ein Interesse daran, dass das Vorhaben zeitnah umgesetzt wird und in absehbarer Zukunft Pacht bzw. das Nutzungsentgelt gezahlt wird. Eine Investitionsverpflichtung führt aber dazu, dass der Vertrag als Beschaffungsvorgang im Sinne des Vergaberechts anzusehen sein kann, mit der Folge einer Ausschreibungspflicht. Eine Ausschreibung ist aufgrund des regelmäßig überschrittenen Schwellenwerts von 5 Mio Euro in solchen Fällen europaweit erforderlich. Bei reinen auf die Überlassung gerichteten Verträgen besteht diese vergaberechtliche Relevanz nicht, da die bloße Weggabe bzw. entgeltliche Überlassung eines Grundstücks nicht als Beschaffung anzusehen ist, auch wenn die Gemeinde damit Einnahmen erzielt.

Bei Verträgen mit Gemeinden ist stets zu beachten, dass die Gewährung eines Vorteils strafrechtlich relevant sein kann (Vorteilsgewährung, Vorteilsannahme, Bestechung, Bestechlichkeit, §§ 331 ff. StGB). Vertragsabschlüsse dürfen daher nicht von hoheitlichem Handeln abhängig gemacht werden, sei es die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens oder die Abstimmung über einen Bebauungsplan. Die Verpflichtung zur Aufstellung einer bestimmten Bauleitplanung ist nicht bloß strafrechtlich problematisch, sondern hat nach dem anzuwendenden Verwaltungsrecht die Nichtigkeit des die Verpflichtung beinhaltenden Vertrages zur Folge (vgl. § 1 Absatz 3 Satz 2 BauGB). Zu beachten ist auch, dass einer Leistung eine ausgewogene Gegenleistung gegenüber stehen sollte. In der Praxis anzutreffende Verträge beherzigen das leider oft nicht, wenn beispielsweise öffentliche Wege gegen Entgelt zur Nutzung überlassen werden. Da öffentliche Wege kraft ihrer Widmung ohnehin frei benutzbar sind, handelt es sich nicht um eine wirkliche Gegenleistung, sondern um eine Selbstverständlichkeit. Beim Sponsoring handelt es sich zwangsläufig um eine Zuwendung ohne Gegenleistung. Dabei sind allerdings die dafür geltenden Vorschriften, insbesondere über Transparenz und Meldepflichten einzuhalten. Bei der Beachtung dieser Anforderungen steht einem Sponsoring nichts entgegen, denn die Kommunalverfassung M-V sieht sogar vor, dass die Gemeinde für die Erfüllung ihrer Aufgaben Spenden einwerben soll, § 44 Absatz 4 KV M-V. Aber auch beim Sponsoring muss ein Zusammenhang zu Amtshandeln unterbleiben.

Geläufige Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung sind die Genossenschaft und die GmbH & Co. KG. Beiden Formen ist eine Beschränkung der Haftung gemeinsam. Die Genossenschaft ist durch ein mitgliedschaftsbezogenes Stimmrecht geprägt und wird durch einen Vorstand, einen Aufsichtsrat und die Generalversammlung geführt. Im Gegensatz dazu ist, das Stimmrecht bei der GmbH & Co. KG kapitalbezogen und die GmbH & Co. KG wird durch den Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft sowie regelmäßig durchzuführenden Gesellschafterversammlungen geführt. Beide Beteiligungsmodelle haben praktische Vor- und Nachteile. Bei der Durchführung von Vorhaben erweist sich die Genossenschaft oft als wenig flexibel, da sie durch einen Vorstand agiert, der auf unvorhergesehene Ereignisse oft nicht schnell reagieren kann. Die durch einen Geschäftsführer vertretene GmbH & Co. KG erweist sich dabei als flexibler und angesichts der in Frage kommenden Ereignisse im Rahmen einer Vorhabenausführung als praktischer. Nachteil einer Genossenschaft ist ein relativ hoher Gründungsaufwand, wohingegen bei der GmbH & Co. KG die Haftung für Vorlaufverbindlichkeiten sowie eine Prospektpflicht negativ zu Buche schlagen. Eingehender zur Prospektpflicht: Im Rahmen eines Prospekts ist über wesentliche Risiken einer Beteiligung aufzuklären, insbesondere über Fragen der Wirtschaftlichkeit, Risiken wie nachträgliche Betriebsbeschränkungen, Versicherungsfragen, Nebenbestimmungen, Unwägbarkeiten bei dinglichen Sicherheiten oder obligatorischen Berechtigungen.

Die abschließende Würdigung der Beteiligungsmodelle führte zu dem Ergebnis, dass die beispielhaft aus rechtlicher Sicht dargestellten Formen der Bürgerbeteiligung durch Genossenschaft oder durch GmbH & Co. KG sowohl Vor- als auch Nachteile aufweisen und eine vollständige Eigendurchführung aufgrund der Komplexität der Vorhaben in der Regel wohl ausscheidet. Insoweit ist die Hinzuziehung erfahrener Projektierer und Berater zu empfehlen.

Ganz im Sinne der Bürgerbeteiligung ist es, wenn die Wahl auf einen lokalen Projektierer oder Berater fällt. Solche sind erfahrungsgemäß auch besser in der Region vernetzt als Auswärtige. Dabei sollte auf Referenzen geachtet werden und darauf, ob die Planung nur zum Zwecke der Weiterveräußerung erfolgt oder ob der Projektierer oder Planer auch selbst Anlagen betreibt. Letzteres bietet zwar keine Sicherheit, ist aber zumindest ein Indiz dafür, dass man es nicht mit einer Heuschrecke zu tun hat. Ferner sollte nach Musterverträgen gefragt und eine voreilige Bindung vermieden werden. Zu berücksichtigen ist auch, dass nicht immer das Angebot mit dem höchsten Nutzungsentgelt das beste Angebot ist, da das höhere Nutzungsentgelt oft erheblichen Nachteilen gegenübersteht oder aufgrund vertraglicher Bestimmungen nachträglich reduziert werden kann. Das Augenmerk sollte daher darauf gelegt werden, dass der Projektierer oder Berater als Partner taugt und sein Konzept schlüssig und solide ist.