Schweriner Vorstoß zur Bürgerbeteiligung vor dem Aus – BüGembeteilG M-V beim BVerfG (1 BvR 1187/17)

Mit dem Gesetz über die Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Gemeinden an Windparks in Mecklenburg-Vorpommern vom 18. Mai 2016 hat das Land Mecklenburg-Vorpommern juristisches Neuland betreten (BüGembeteilG M V, GVOBl M-V S. 258). Ziel des Landesgesetzgebers war es, die Menschen vor Ort stärker am Ausbau der Erneuerbaren Energien partizipieren zu lassen. Wer in M-V eine Windenergieanlage errichten möchte, ist seit 2016 verpflichtet, Bürger und Gemeinden zu mindestens 20% an der Projektgesellschaft zu beteiligen. Was bei Beobachtern für Kopfschütteln gesorgt hat, wird nun voraussichtlich das rechtliche Schicksal des Gesetzes besiegeln, denn das Gesetz gilt nur für Windkraft und verwirklicht in mehrfacher Hinsicht Gleichheitsverstöße (Art. 3 GG), weil eine nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen gleichermaßen wirkenden Vorhaben verwirklicht wird. Hinzu kommt, dass das Land zum Zeitpunkt des Erlasses des Gesetzes nicht über die notwendige Gesetzgebungskompetenz verfügte. Das hat sich zwar durch das nachträgliche Inkrafttreten des EEG 2017 geändert, da § 36g Absatz 6 EEG 2017 eine Gesetzgebungskompetenz der Länder für Bürgerbeteiligungsmodelle zur Akzeptanzsteigerung vorsieht. Dadurch tritt aber keine Heilung ein. Das Gesetz ist kompetenzwidrig zustande gekommen und könnte – wenn es denn im Übrigen rechtmäßig wäre – neu erlassen werden.

Der von den Protagonisten in M-V erhoffte Nachahmungseffekt ist ausgeblieben. Das Gesetzesvorhaben wurde zwar von anderen Bundesländern interessiert beobachtet. In keinem anderen Bundesland hat man sich zu etwas Vergleichbarem durchgerungen, was wohl auf die rechtlichen Bedenken zurückzuführen ist und darauf, dass für Betroffene erhebliche Wettbewerbsnachteile entstehen. Im geltenden EEG ist nämlich vorgesehen, dass diejenigen eine Förderung erhalten, die den niedrigsten Preis bieten. Wer höhere Kosten hat, kann nicht mithalten. Auch aus praktischer Sicht ist das Gesetz eine Katastrophe. Aus informierten Kreisen ist zu hören, dass seit 2016 gerade einmal ein einziges Vorhaben regulär nach dem BüGembeteilG M-V realisiert worden ist. Kein Wunder, denn es besteht Frust bei allen Beteiligten: für Vorhabenträger entsteht ein enormer Aufwand durch die Ermittlung der Kaufberechtigten und die Prospektpflicht und die Kaufberechtigten sind ebenso frustriert, da der gesetzlich festgelegte 5-Kilometer-Umkreis dazu führt, dass oft viele Gemeinden und Bürger zu beteiligen sind, sodass für den Einzelnen kaum etwas übrig bleibt.

Das Bundesverfassungsgericht wird dem Elend voraussichtlich ein Ende bereiten, denn es wurde gegen §§ 3, 4, 6, 11 und 12 des Gesetzes Verfassungsbeschwerde erhoben. Bei der Prüfung dieser Regelungen wird sich das BVerfG auch mit der Kompetenz des Landesgesetzgebers auseinanderzusetzen haben. Das Verfahren wird beim Bundesverfassungsgericht zu dem Aktenzeichen 1 BvR 1187/17 geführt.