Vortrag Dr. Mahlke: Von der Planung bis zur Realisierung eines Windparks: Anträge, Hürden und Laufzeiten von Genehmigungsverfahren

Im Rahmen eines vom Wind Enegy Network e.V. durchgeführten Workshops am 11. März 2013 referierte Rechtsanwalt Dr. Mahlke über Windpark Genehmigungsverfahren und erläuterte aus anwaltlicher Praxis relevante Gestaltungsmöglichkeiten und besondere Verfahrenssituationen.

Einführend wurden die Unterschiede zwischen einer Baugenehmigung und einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG), einer so genannten BImSch-Genehmigung, erläutert. Während eine Baugenehmigung stets grundstücksbezogen und „unbeschadet Rechte Dritter“ erteilt wird (vgl. z.B. Art. 68 Abs. 4 BayBO) und den Grundstückseigentümer berechtigt aber auch verpflichtet, handelt es sich bei der BImSch-Genehmigung um eine vorhabenbezogene Rechtsgewährung, die sich auch auf Rechte Dritter auswirken kann und die grundsätzlich nicht den Grundstückseigentümer, sondern den Vorhabenträger bzw. Betreiber berechtigt und verpflichtet. Wesentliches Merkmal der BImSch-Genehmigung ist die Konzentrationswirkung gemäß § 13 BImSchG. Danach werden – soweit in der Norm nicht ausdrücklich ausgenommen – alle benötigten öffentlich-rechtlichen Gestattungen von der Genehmigung umfasst. Eine wichtige Ausnahme bildet die wasserrechtliche Erlaubnis, die separat einzuholen ist.

Zuweilen halten sich Genehmigungsbehörden nicht an die vorgesehene Konzentrationswirkung. Ein StALU in Mecklenburg-Vorpommern (Staatliches Amt für Landwirtschaft und Umwelt) habe beispielsweiseständig praktiziert, die im Rahmen eines Vorhabens notwendigen naturschutzrechtlichen Gestattungen separat durch den Vorhabenträger direkt bei der Naturschutzbehörde einholen zu lassen. Namentlich handelte es sich um Eingriffe in die Natur, die zumeist notwendig waren, um die Wege zu den Windenergieanlagen herstellen zu können. Ein Verstoß gegen die Konzentrationswirkung kann Konsequenzen haben: Bis zu einer Erteilung der BImSch-Genehmigung führt die Konzentrationswirkung dazu, dass allein die BImSch-Behörde, also das StALU zuständig ist. Demnach ist die Naturschutzbehörde unzuständig. Gegenstand der Erläuterungen war ferner, wie sich dieser Verstoß auswirken kann und wie – sofern man den Fehler bemerkt – dieser behoben werden kann.

Im Wesentlichen kann man drei Verfahrensarten unterscheiden: das reine Baugehmigungsverfahren nach den Landesbauordnungen (LBauO) der Länder (Prüfpensum: kein Entgegenstehen ö-r Vorschriften), das BImSchG Genehmigungsverfahren (Prüfpensum: Auswirkungen auf Schutzgüter: Menschen, Tiere, Pflanzen, Boden) und das BImSchG Genehmigungsverfahren mit Umweltverträglichkeitsprüfung (Prüfpensum: Auswirkungen auf die Umwelt insgesamt – uferlos). Welche Verfahrensart anzuwenden ist, kann anhand von festgelegten Grenzwerten ermittelt werden. Beispielhaft wurde dies anhand der 4. BImSchV, die in der Anlage eine Unterscheidung zwischen „Spalte 1“ und „Spalte 2“ Verfahren trifft, erläutert. In der Tabelle findet sich in Spalte 2 die Angabe „Windkraftanlagen mit einer Gesamthöhe von mehr als 50 Metern“. Damit sind die heute geläufigen Windkraftanlagen in einem vereinfachten BImSchG Genehmigungsverfahren zu genehmigen. Darüber hinaus sind aber auch Konstellationen denkbar, die zusätzlich zu einer UVP-Pflicht führen und dann zwingend die Durchführung eines förmlichen Verfahrens erfordern (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 lit. c 4. BImSchV). Zum besseren Verständnis wurde ferner die Anlage 1 zum Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz (UVPG) vorgestellt und erläutert, welche Bedeutung die je nach Vorhabenanzahl vermerkten Buchstaben „X“ (UVP-Pflicht), „A“ (allgemeine Vorprüfung) und „S“ (standortbezogene Vorprüfung) haben.

Von großer praktischer Bedeutung ist die Unterscheidung zwischen einem förmlichen und einem vereinfachten Genehmigungsverfahren. In der Praxis ist immer wieder festzustellen, dass Vorhabenträger versuchen, die Vorhaben möglichst in einem vereinfachten Verfahren zur Genehmigung zu bringen. Das ist – wie eingehend erläutert wurde – nicht immer der beste Weg. Ziel der Vorhabenträger ist zumeist die schnelle Erreichung der Genehmigungserteilung. Auf den ersten Blick erscheint das auch plausibel, legt doch das Gesetz fest, dass eine Genehmigung in einem vereinfachten Verfahren binnen drei Monaten zu erteilen ist, in einem förmlichen Genehmigungsverfahren indessen erst binnen sieben Monaten (vgl. § 10 Abs. 6a BImSchG – anzumerken ist, dass die Behörden sowohl beim vereinfachten als auch beim förmlichen Genehmigungsverfahren von der gesetzlich vorgesehenen Möglichkeit der Fristverlängerung regelmäßig Gebrauch machen). Bezieht man die ohnehin längere Bearbeitungszeit in die Überlegung ein, so wird schnell klar, dass die Durchführung eines förmlichen Genehmigungsverfahrens durchaus erhebliche Vorteile bietet. In § 19 BImSchG sind die Vorschriften aufgezählt, die in einem vereinfachten Genehmigungsverfahren keine Anwendung finden. So ist die getrennte Vorlage von Geschäftsgeheimnissen nicht möglich, es erfolgt keine öffentliche Bekanntgabe, die Vorschriften über die Präklusion finden keine Anwendung und eine privatrechtsgestaltende Wirkung ist ausgeschlossen (§§ 10 Abs. 2, 10 Abs. 8 f., 11, 14 BImSchG – vgl. unten).

Erläutert wurden ferner Situationen, die während der Realisierung eines Vorhabens auftreten können. Erfahrungsgemäß werden Vorhaben im Laufe des Genehmigungsverfahrens oft geändert und den Umständen und Erfordernissen vor Ort angepasst. Solche Anpassungen können aufgrund der obligatorischen Berechtigung aus Mietvertrag oder Pachtvertrag notwendig werden oder aufgrund naturschutzfachlicher Anforderungen. Dabei stellt sich oft die Frage, wie eine Änderung öffentlich-rechtlich umzusetzen ist. Dabei kommt neben der Anzeige nach § 15 BImSchG die Beantragung einer Änderungsgenehmigung in Betracht gemäß § 16 BImSchG. Während eine Änderungsgenehmigung bei erheblichen Auswirkungen auf die Schutzgüter zu beantragen ist, besteht die Anzeigepflicht nach § 15 BImSchG, wenn Auswirkungen auf die Schutzgüter lediglich in Frage kommen. Wesentlicher Unterschied ist, dass das Anzeigeverfahren nach § 15 BImSchG keine Konzentrationswirkung entfaltet und dementsprechend keine legalisierende Wirkung. Eine weitere praktisch enorm wichtige Frage ist, wie sich der Zubau von Windenergieanlagen auswirkt. Werden nämlich die UVP-Grenzen überschritten, bedarf es unter Umständen der Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung. Unterbleibt eine gesetzlich gebotene UVP, sind Heilungsmöglichkeiten praktisch ausgeschlossen und es besteht das Risiko, dass eine Genehmigung, beispielsweise durch einen anerkannten Umweltverband, mit Erfolg angegriffen wird (vgl. Umweltrechtsbehelfegesetz, EuGH-Rechtsprechung). 

 > Vereinfachtes Verfahren (§ 19 BImSchG)

nicht anwendbar: Geschäftsgeheimnisse (§ 10 Abs. 2)

… Trennung von Antragsunterlagen und besondere Kennzeichnung  Relevant für IFG und UIG

nicht anwendbar: öff. Bekanntgabe (§ 10 Abs. 8, 9)

… ersetzt die Zustellung

Verkürzung der Widerspruchsfrist auf einen Monat

sonst ein Jahr nach Kenntnis, § 58 VwGO – mit Wiedereinsetzungsmöglichkeit, dh praktisch unbegrenzt

nicht anwendbar: Präklusion (§ 11)

formelle & materielle Präklusion

Ausschluss von Einwendungen: nur Beachtung von Einwendungen, die im Verfahren vorgebracht worden sind

Auslegungsbeginn bis zwei Wochen nach Auslegung, d.h. ein Monat

nicht anwendbar: privatrechtsgestaltende Wirkung (§ 14)

Ausschluss privatrechtlicher Ansprüche

Beschränkung auf „Vorkehrungen“ und Schadensersatz