Kommunale Grundstücksgeschäfte – Vergaberechtliche, beihilferechtliche und kommunalrechtliche Gesichtspunkte

Private Grundstückseigentümer sind im Grundsatz frei hinsichtlich der Fragen ob und wie sie ihr Grundeigentum veräußern. Ob ihre Veräußerungsgeschäfte transparent und diskriminierungsfrei sind und ob sie ausgeschrieben werden, hängt grds. allein vom Eigentümer ab. Kommunen sind als Träger der öffentlichen Verwaltung hingegen an eine Vielzahl von Vorschriften gebunden. Insbesondere das Vergabe- und das EU-Beihilfenrecht können bei der Frage, wie eine Kommune ein Grundstück veräußern darf, eine Rolle spielen.

1.

Grundstückskaufverträge unterfallen dem Grunde nach nicht dem Vergaberecht. Dies auch dann nicht, wenn auf Veräußererseite eine Kommune steht. Denn die Kommune (als öffentlicher Auftraggeber im Sinne von § 99 Nr. 1 GWB) tritt hier als Anbieter, nicht als Nachfrager von Leistungen auf, sodass keine Beschaffung im vergaberechtlichen Sinne vorliegt. Soweit der Grundsatz.

Dieses Ergebnis kann sich aber ändern, wenn das Grundstücksgeschäft, d.h. die Pflichten des Vertrages, über die bloße entgeltliche Veräußerung hinausgehen und die veräußernde Kommune weitergehende Ziele mit der Veräußerung verfolgt. Maßgebend ist hier – wie so oft – die konkrete Vertragsgestaltung bzw. das konkrete Vorhaben der Kommune.

Dass sich eine Pflicht zur Anwendung des Vergaberechts bei kommunalen Grundstücksgeschäften ergeben kann, zeigen die Normen im neuen GWB-Vergaberecht, die die Definition des Bauauftrages enthalten. So sind z.B. Bauaufträge nach den Definitionen in § 103 Abs. 1 und Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GWB entgeltliche Verträge zwischen einem öffentlichen Auftraggeber und einem Unternehmen über die Beschaffung von Bauleistungen, d.h. Verträgen über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung eines Bauwerkes für den öffentlichen Auftraggeber.

In diesem Zusammenhang stellt – und hierauf kommt es für kommunale Grundstücksgeschäfte an – § 103 Abs. 3 Satz 2 GWB klar, dass ein Bauauftrag auch dann vorliegt, wenn ein Dritter eine Bauleistung gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber genannten Erfordernissen erbringt, die Bauleistung dem Auftraggeber unmittelbar wirtschaftlich zu Gute kommt und dieser einen entscheidenden Einfluss auf Art und Planung der Bauleistung hat.

Das kann z.B. dann der Fall sein, wenn der Vertragsentwurf vorsieht, dass das Gebäude entsprechend den Vorgaben der Kommune errichtet werden soll und eine Verpflichtung enthalten ist, das Gebäude (z.B. zur Nutzung als Bürogebäude) an die Kommune zu vermieten. Es sind weitere Fallkonstellationen denkbar, in denen die vorgenannten Voraussetzungen erfüllt sind und das Geschäft damit dem Anwendungsbereich des GWB-Vergaberecht unterfällt.

2.

Weitere Problempunkte betreffend Grundstücksgeschäfte von Kommunen bestehen hinsichtlich des EU-Beihilfenrechts.

Das EU-Beihilfenrecht enthält zunächst in Art. 107 Abs. 1 AEUV den Grundsatz, dass staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen, gleich welcher Art, die durch die Begünstigung bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen, mit dem Binnenmarkt unvereinbar sind, soweit sie den Handel zwischen den Mitgliedstaaten beeinträchtigen. Eine Beihilfe kann also bereits darin liegen, dass ein Grundstück unter Marktwert an ein Unternehmen veräußert wird. Das kann zu Rückforderungen bzw. zur Rückabwicklung des Vertrages führen.

Um dies zu vermeiden, kann die Kommune den Marktwert des Grundstückes z.B. durch ein Verkehrswertgutachten ermitteln. Möglich ist aber auch, ein sog. Bieterverfahren durchzuführen, das ausreichend bekannt gemacht wurde und das diskriminierungsfrei, offen und ausreichend transparent ist.

Die Beihilfenproblematik lässt sich im Einzelfall vermeiden, wenn Dienstleistungen im allgemeinen wirtschaftlichen Interesse (im Sinne von Art. 106 Abs. 2 AEUV) vorliegen. Dazu müssen aber im Einzelfall die vier sog. „Altmark-Trans“-Kriterien erfüllt sein, d.h. das begünstigte Unternehmen muss tatsächlich mit der Erfüllung von Aufgaben betraut sein, die im allgemeinen Interesse stehen. Die entsprechenden Verpflichtungen müssen klar definiert sein. Weiterhin muss vorab klar und transparent feststehen, wie der Ausgleich für die Erbringung der Dienstleistung berechnet wird, um zu verhindern, dass das Unternehmen, das den Ausgleich erhält, wirtschaftlich begünstigt wird. Der Ausgleich darf daher auch nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Erfüllung der im allgemeinen Interesse stehenden Aufgabe zzgl. der erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns abzudecken. Auch hierbei gilt zudem, dass die Ausgleichsleistungen das Ergebnis einer öffentlichen Ausschreibung oder eines Leistungsvergleiches mit anderen Unternehmen sein müssen, der unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots erstellt wurde.

3.

Nicht zuletzt ist außerdem das Kommunalrecht zu beachten. Kommunen in Mecklenburg-Vorpommern müssen § 56 Abs. 4 KV M-V beachten. Dieser regelt den Umgang mit Gemeindevermögen. Nach § 56 Abs. 4 KV M-V darf die Kommune Vermögensgegenstände nur veräußern, wenn sie sie zur Erfüllung ihrer Aufgaben in absehbarer Zeit nicht benötigt. Sie müssen außerdem grundsätzlich zu ihrem vollen Wert veräußert werden.

Angesichts der dargestellten rechtlichen Gesichtspunkte sollten Kommunen genau prüfen, wie sie die Details eines Grundstücksgeschäfts gestalten will. Der Teufel steckt hier im Detail. Die Fehlerfolgen reichen von dem Mehraufwand und den Kosten verlorener Vergabenachprüfungsverfahren bis zu den Rückforderungen wegen EU-widriger Beihilfen.

Carl-Henning Clodius, Rechtsanwalt